Altkleidercontainer sind nicht mehr die einzige Sammelstelle für ausgediente Kleidung – h&m mischt da jetzt auch mit. Ist das gut für die Umwelt oder Greenwashing?

Inhaltsverzeichnis:
Wie ich die Aktion von H&M finde
Ehrlich gesagt finde ich genau diese Kampagne einfach nur dreist. Diese Woche ist nämlich die Fashion Revolution Week mit dem Hashtag #WhoMadeMyClothes, wo es um mehr Awareness für die grausigen Produktionsbedingungen in der Modeindustrie geht. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere ja noch an die eingestürzte Fabrik Rana Plaza in Bangladesch, wo 1.134 Menschen starben und hunderte verletzt wurden. Das war nämlich in der gleichen Aprilwoche vor drei Jahren.
H&M gelobte Besserung – getan hat sich aber leider kaum was! Und nun gibt es eine groß angelegte Social Media Kampagne zum Gedenken mit dem Aufruf für bessere Produktionsbedingungen, damit so was sich nicht wiederholt – und H&M legt da mal schön seine “World Recycle Week” rein, wo eine 2013 eingeführte olle Kamelle – Gutschein gegen Altkleider – noch mal fett promoted wird.
Mit Nachhaltigkeit hat das nun wirklich nichts zu tun, sondern damit, dass sich H&M auf den Altkleider-Markt etablieren möchte – dort, wo vorrangig soziale Einrichtungen tätig sind, denen jetzt die Altkleider weggeschnappt werden!
Hinter der ganzen Kampagne von H&M steht eindeutig richtig viel Geld, und da sollte schon klar sein, dass das nicht gemacht werden würde, wenn es sich nicht finanziell lohnen würde. H&M ist kein Wohltätigkeitsverein!
Und sie würden sicherlich mehr bewegen, wenn sie mal an der Ursache des Problems arbeiten würden – und mal was an den Produktionsbedingungen, der Ausbeutung, den Schadstoffen und der Qualität (die Modekollektionen sind doch die reinste Wegwerf-Ware) ändert! Enttäuscht war ich übrigens, dass ausgerechnet M.I.A. – eine meiner Lieblingskünsterinnen – das Gesicht der Kampagne ist!
Wohin dann mit den Altkleidern?
Oh, da gibt es viele Alternativen! Wer noch Geld haben möchte kann gut erhaltene Kleidung direkt zu Secondhand-Läden bringen oder selber im Internet bei z.B. Kleiderkreisel, Mädchenflohmarkt oder ebay-Kleinanzeigen verkaufen. Oder man tauscht sie auf Klamottentauschparties, das ist auch immer wieder witzig.
Spenden kann man seine Kleidung an soziale Einrichtungen, die die Kleidung auch vor Ort in ihrer Einrichtung verkaufen und übrigens genau wie H&M nicht mehr Tragbares dem Textilrecycling zuführen. Es gibt in Städten generell soziale Zentren und soziale Kaufhäuser. Oxfam, ich meinte die Caritas und auch die AWO verkaufen ebenfalls gesammelte Kleidung in den eigenen Einrichtungen. Wenn man sie an Flüchtlingsheime spenden will, sollte man aber vorher anrufen und fragen, ob überhaupt Bedarf da ist. Denn Kleidung ist das, was am meisten gespendet wird. Viel dringender werden aber Haushaltswaren gebraucht: Töpfe, Pfannen, Herdplatten, Geschirr und Ähnliches. Und bitte da nicht die letzten Fetzen abladen, denn auch Menschen auf der Flucht sollen sich, wie ich finde, in Kleidung wohlfühlen dürfen.
Was ist das Problem mit Fast Fashion?
Fast Fashion ist auf Schnelllebigkeit ausgelegt, um den Konsum anzukurbeln. Manufactured demand heißt das. Das ist eine künstlich durch Trends erzeugte Schnelllebigkeit, die enorm viele Ressourcen verschwendet, menschenverachtende Arbeitsbedingungen fördert und die Umwelt durch Schadstoffe belastet.
Weitere Probleme – Kunstfasern und Schadstoffe
Bei Kleidung muss man leider sagen, dass eigentlich alles schädlich ist, was nicht bio und Fairtrade produziert wurde. Da ist es einfach zappenduster. In fast allem steckt an irgendeiner Stelle Ausbeutung, in eigentlich jedem Kleidungsstück Schadstoffe – weswegen secondhand zumindest hautverträglicher ist, weil die Schadstoffe bereits rausgewaschen wurden. Das ist leider die traurige Wahrheit. Faire und zumindest einigermaßen umweltschonende Produktionsbedingungen sind einfach die Ausnahme.
Ich würde gerne sagen, dass man statt auf Kunstfasern auf Baumwolle umsteigen soll, aber konventionelle Baumwolle ist leider die am stärksten mit Pestiziden belastete Pflanze und verschlingt außerdem ca. 23.000 Liter Wasser pro kg in der Produktion und wird häufig in Gegenden angebaut, wo Wasser sowieso schon knapp ist. Kunstfasern wie Polyester sind schlicht und ergreifend Plastik, mit all den Schadstoffen, die sonst auch in Plastik stecken: BPA, Flammschutzmittel, Phthalate…
Wer keinen Bock auf Schadstoffe hat sollte sich wirklich nach fairgehandelten Bio-Klamotten umgucken. Es gibt auch viele Labels wie Bleed, Monkey Genes oder Armed Angels, die haben unverschämt gutaussehende Klamotten. Das ist nicht mehr so wie früher, wo öko gleich fruttig war. Die kosten halt so viel wie Markenkleidung, aber ich denke, dass man sich das auch leisten kann, wenn man eben bereit ist, sich statt 4 Billig-Tops nur eins zu kaufen, das aber auch qualitativ natürlich eine andere Liga ist.
Sarah
Ich spende meine Kleidung der Website Packmee, vielleicht kannst du die ja unter die Lupe nehmen und berichten?
Tolle Beiträge! 🙂
shia
Hi Sarah,
die Seite von Packmee kann man gerade nicht richtig angucken, weil sie wohl gerade eine Pause einlegen. Ich habe aber mal gesucht, WO eigentlich die Klamotten landen, die sie sammeln: Osteuropa, Asien und Afrika. Mehr muss man dazu also wohl nicht mehr sagen :(. Da bringt es also auch nichts, einen Teil des Profits zu spenden. Da ist, als ob man jemanden das Haus abfackelt und dann wohltätigerweise einen Loli schenkt :P.
Liebe Grüße,
Shia
Saskia
Hallo Shia,
vielen Dank für diesen tollen Artikel! Neulich war da, ich glaube im Zeit-Magazin, auch so ein Satz, wo man nur dachte ‚In was für einer Welt leben wir eigentlich?‘ Es ging um den Siegeszug der Skinny Jeans und dass sich da die Mode schon so lange nicht geändert hat, denn ob nun mit stylischen Löchern (ich versteh‘ das einfach nicht) oder ohne – bislang ist noch kein Trend gekommen, der diese Hose zu 100% mal wieder abgelöst hat und mittlerweile besitzen halt so viele Skinny Jeans, sodass da leider gar nicht mehr so ein richtiger "Bedarf" ist (oh, welch Jammer -_-). Dass man so denken muss, weil halt immer alles auf Wachstum ausgerichtet ist, ist ein Trauerspiel.
Schlimm finde ich auch den Hype um die Beyonce-Sport-Kollektion: Alles ist darauf ausgelegt, dass man sich – gerade als Frau – stark und empowert fühlt und sich durch nichts vom Weg abbringen lässt. Ich habe mal ein bisschen geschaut, aber Infos zur Produktion und Herstellung habe ich nicht gefunden und nun ja, wenn da offensichtlich sehr viel Geld ins Marketing gesteckt wird, das T-Shirt aber nur 20 Euro kostet, kann man sich ja auch seinen Teil denken.
Vielen Dank auch noch mal für den Hinweis mit den Waschnüssen! Habe mir jetzt schon in den Kalender geschrieben, dass ab Herbst Kastanien gesammelt werden sollen 🙂
shia
Hi Saskia,
also, wenn nichts zu den Produktionsbedingungen dabei steht, dann weiß man eigentlich schon Bescheid ;). Denn jedes kleinste bisschen wird marketingmäßig direkt so krass ausgeschlachtet, dass man sich vor der Info gar nicht wehren kann ;).
Von mir aus können Skinny Jeans auch noch etwas bleiben ;). Ich habe seit letzter Woche auch wieder eine (davor hatte ich ausschließlich Hotpants und kurze Röcke :D). Und die habe ich mir Fairtrade und Bio gekauft, weil ich secondhand leider vor Ort keine schwarze/graue gefunden habe und ich mich nicht traue Hosen online (z.B. Kleiderkreisel, ebay-Kleinanzeigen) zu kaufen.
Liebe Grüße,
Shia
Nor
Hey Shia,
Ich liebeliebeliebe deine Blogs und lese und stöber schon lange drin rum.
Das mit den Kastanien kenn ich auch, was bei Schwarzer/ dunkler Wäsche auch gut funktioniert sind Efeublätter.
Hab darüber mal eine Arbeit in Chemie geschrieben, auch über die Waschnussproblematik und finde es super , dass das hier zu finden ist!!!
LG, Nor ^^
shia
Hi Nor,
von Efeu-Blättern hab ich auch schon gehört, habe ich ja auch bei meinem Artikel zum Kastanienwaschmittel unten verlinkt :). Ich selbst habe leider keinen Zugang zu Efeu (sprich, ich kenne niemanden mit einem Garten mit Efeu bzw. sowieso kenne ich nur wenige Menschen mit Garten ;)), aber selbst wenn, weiß ich nicht, ob ich es machen würde, da Efeu ja auch etwas reizend sein soll und ich ja so empfindliche Haut habe, und gerade früher bei Waschmittel und Weichspüler gerade als Kind immer wieder Ausschlag bekommen habe...
Finde ich übrigens sehr cool, dass du darüber in Chemie eine Arbeit geschrieben hast und sogar die Waschnussproblematik berücksichtigt hast <3 <3 <3!!!
Liebe Grüße,
Shia
Julia
Sehr cool, dass du drauf aufmerksam machst 😉 ich bekomme sowieso die Krise bei sämtlichen Unternehmen, die sich als "nachhaltig" bezeichnen... Schade, dass diese Lügen (noch) nicht bestraft werden (wobei wir als Verbraucher sie ja mit unserem Verzicht schon ein wenig bestrafen - juchu)
shia
Hi Julia,
ja, Greenwashing nimmt manchmal echt einfach nur unglaubliche Formen an. Dr. Oetker wollte mir mal auf meine Anfrage weismachen, dass sie ja was für die Umwelt täten, weil sie ihre Plastikverpackungen mit Kurzbezeichnungen versehen, um die "Recyclierbarkeit zu vereinfachen" – und dass in Deutschland schließlich schließlich mit dem Gelben Sack schon toll sei o_O...! Äh, ja, damit kann man sich echt mal rühmen... Leider darf man Mails von ihnen nicht veröffentlichen, grrrr...
Naja, so ist das...
Liebe Grüße,
Shia
Karin
Hallo Pip,
dies ist von HM ja wohl mehr so eine Alibiveranstaltung, um sich ein gutes Image zu erkaufen.
Recycling an sich ist ja sonst eine sehr gute Sache, aber nicht so, wie HM das macht. da werden die Altkleider zurückgegeben, nur um dann um den halben Globus transportiert zu werden und dann werden die Altkleider zerrissen im Reißwolf und aus diesen Faserresten werden dann wieder neue Kleider gefertigt.
Was also bitte schön soll an dieser Aktion von HM nachhaltig und vernünftig sein, frage ich mich da. Zumal aus diesen zerfetzten Fasern sowieso nichts vernünftiges in Sachen Haltbarkeit mehr hergestellt werden kann.
LG von Karin
shia
Hi Karin,
ja, das mit H&M ist wirklich das reinste Greenwashing :(!! Grrrr!! Aber leider leider glauben viele Kunden das ja :'(...
Liebe Grüße,
Shia
Elisabeth Green
Danke für den ausführlichen Artikel. Lg
shia
Aber gerne doch :D!! LG, Shia
KleinPip
Hey Shia!
Ich war so frei, dich und dein Interview zu verlinken 😉
Viele liebe Grüße,
Pip
shia
Oh, danke schön :)!!!