Wer nach Jahren der hormonellen Verhütung im Internet auf der Suche nach einer Alternative ist, wird dabei vielleicht über NFP stolpern. Die drei Buchstaben stehen für „natürliche Familienplanung“ und unter dem Namen versammelt sich eine große Bandbreite von verschiedenen natürlichen Methoden. Die sicherste unter ihnen ist Sensiplan – die Regeln dieser Methode sind durch Studien der Universitäten Heidelberg und Düsseldorf wissenschaftlich fundiert und zudem leicht zu erlernen.

Inhaltsverzeichnis:
- Also erstmal ganz von vorne – worauf basiert diese Methode denn eigentlich?
- Wie lernt man diese Kriterien und Regeln?
- Wer sich also fragt: Wie soll ich überhaupt anfangen?
- Aber was sind denn nun die Voraussetzungen für NFP?
- Der große Umstieg
- Die fruchtbaren Tage
- Und wie sicher ist NFP denn nun wirklich?
- Abstecher: Kondome und Diaphragma
- Und was passiert, nachdem man all die Informationen in das Blatt eingetragen hat?
- Nebenwirkungen von NFP
Das Wichtigste zu allererst: Ich finde es total wichtig, dass körperbezogene Themen wie Sex, Verhütung oder eben auch Menstruation oder Klo-Geschäfte nicht tabuisiert werden! Sie sind alle integraler Bestandteil unseres Alltages, aber dennoch tun wir alle so, als ob es nichts mit uns zu tun hätte.
Vor einiger Zeit schrieb ich einen Artikel zur Frage von Zero Waste und Verhütung. Der lange, aber dennoch nur überblicksartige Artikel fand große Resonanz und es wurde auch viel in den Kommentaren diskutiert. Gerade NFPlerinnen fanden, dass NFP zu kurz, nicht ganz differenziert und nicht ganz ihren Erfahrungswerten entsprechend dargestellt war. Dem will ich gar nicht widersprechen. Ganz im Gegenteil! Ich fand die Kommentare superlehrreich und sie haben mich ermuntert, mich mal wieder meiner Angst zu stellen.
Ich selbst verhüte seit langen 13 Jahren schon mit der Hormonspirale und ich bin, wie viele Frauen, die Hormone echt leid. Meine Angst gilt einfach der Zeit nach dem Absetzen der Hormone. Wie wird mein Körper darauf reagieren? Wie verhüten wir in dieser Zeit? Denn wir sind uns ziemlich sicher, dass wir keine Kinder wollen, und wir sind nicht bereit, es zu riskieren, gerade jetzt, wo wir erst letzen Monat für ein Jahr nach Kanada gegangen sind!
Und ja, wir wollen es in absehbarer Zeit anpacken, das Weg-von-den-blöden-Hormonen-Projekt. Im Gegensatz zu früher, wenn wir uns mit dem Thema auseinandergesetzt hatten, fühlen wir uns auch nicht mehr so überfordert.
Hormonfreie Verhütungsmethoden verdienen auf jeden Fall mehr Platz. Deswegen freue ich mich besonders, dass heute eine NFP-Beraterin, also eine echte Expertin, euch und mir an dieser Stelle einen intensiveren Einblick in NFP – Natürliche Familienplanung – gibt, gespickt mit Tipps und ganz vielen Infos für den richtigen Einstieg. Vielen Dank, liebe Nina ❤️!
Trotzdem reagieren viele erst mal mit Skepsis, wenn sie von der Methode hören. Das liegt auch daran, dass die Methode(n) früher noch nicht so gut formulierte Regeln hatten und die „moderne“ Version noch immer nicht besonders bekannt ist. Dadurch wird sie oft mit eine der sehr viel unsicheren Methoden verwechselt, z.B. der Kalendermethode.
Also erstmal ganz von vorne – worauf basiert diese Methode denn eigentlich?
Wenn Frauen ohne künstliche Hormone zyklen, dann zeigt ihr Körper durch bestimmte Zeichen, in welcher Phase der (Un-)Fruchtbarkeit er sich befindet. Diese Zeichen können nach einer kurzen Lernphase dokumentiert und ausgewertet werden.
Sensiplan ist eine symptothermale Methode. Das heißt, diese Methode kombiniert zwei Zeichen der Fruchtbarkeit: Symptome des Körpers und die Temperatur. Hinter dem Begriff „Symptome“ versteckt sich das Thema Zervixschleim oder der Gebärmuttermund. Es reicht aber, eines dieser beiden Zeichen zu beobachten. Und Temperatur bedeutet: Temperatur messen! Und zwar direkt nach dem Aufwachen und vor dem Aufstehen.
Mit diesen beiden Zeichen kann nachvollzogen werden, ob sich der Körper grade in der Östrogenphase (potentiell fruchtbar) oder der Progesteronphase (unfruchtbar) befindet.
Wenn der Muttermund leicht offen und weich ist und der Schleim glasig/glibberig/durchsichtig ist, befindet sich der Körper in der Östrogenphase. In dieser Zeit ist die Temperatur niedrig. Was „niedrig“ ist, ist für jede unterschiedlich.
Wenn der Muttermund zu und hart ist und der Schleim weiß/fest/klumpig ist, befindet sich der Körper in der Progesteronphase. In dieser Zeit ist die Temperatur erhöht.
Und damit diese Zeichen auch wirklich richtig interpretiert werden, gibt es ganz feste Kriterien. Nach denen ordnet man alle Beobachtungen auf einem speziellen Zyklusblatt ein, das ihr hier herunterladen könnt, und wertet sie nach Regeln aus.

Die Auswertung geht dabei immer von der individuellen Situation aus und bezieht aktuelle Ereignisse des Zyklus mit ein. Das bedeutet, Sensiplan richtet sich nach dir – statt dass du dich nach der Methode richten musst!
Wie lernt man diese Kriterien und Regeln?
Dazu gibt es drei Wege. Entweder du lernst …
- alleine mit dem Buch „Natürlich und Sicher“ und dem dazugehörigen Arbeitsbuch,
- in einem Kurs/mit einer Beraterin,
- oder du begibst dich in das NFP-Forum, in dem sich ein unglaubliches Wissen zu dieser Methode angesammelt hat.
In dem Forum kommen jeden Monat neu Frauen zusammen, um mit dem Erlernen der Methode anzufangen. Begleitet wird man dabei in den Anfängerinnen-Tagebüchern und erfahrenen Frauen, die teilweise auch eine spezielle Ausbildung zur NFP-Beraterin gemacht haben.
Diese geben auch Kurse – dabei trifft man sich über einen Zeitraum von ca. 3 Monaten und erhält die relevanten Informationen gemeinsam mit anderen Interessierten.
Bei allen Varianten ist das Buch „Natürlich und Sicher“ die Wissensgrundlage. In ihm werden alle relevanten Informationen auf leicht anschauliche Weise vermittelt. Auch ein Artikel wie dieser hier, kann die Lektüre von dem Buch natürlich nicht ersetzen.
Wer sich also fragt: Wie soll ich überhaupt anfangen?
Dann lohnt sich ein Reinschnuppern in das NFP-Forum und/oder der Kauf von „Natürlich und Sicher“. Manchmal bieten Beraterinnen auch einzelne Infoabende an, z.B. bei der Volkshochschule.
Wer dann dem ganzen eine Chance geben mag, braucht nur ein Thermometer mit zwei Nachkommastellen und ein Zyklusblatt oder eine Online-Plattform, auf der die Daten notiert werden. Das NFP-Forum bietet dafür das kostenlose Programm Kurvenreich an.

Bei den gängigen Verhütungscomputer auf dem Markt muss man wissen, dass man für eine scheinbar bequeme Lösung ein Stück Sicherheit eintauscht. Dies macht natürlich jede Frau (und Partner) mit sich aus. Es ist aber wichtig zu wissen, dass viele der Computer mit unsicheren (oder unbekannten) Regeln auswerten. [Anmerkung von Shia: Der Verhütungscomputer Cyclotest wertet nach eigenen Angaben nach der symotothermalen Methode aus] Und auch falls sie die gleichen Regeln benutzen – NFP ist gerade dann sicher, wenn selbst ausgewertet wird, da man selbst seinen Körper am besten einschätzen kann. Oft sind Frauen dann auch besonders verwirrt, wenn sie nicht verstehen, wie der Computer zu seinen Ergebnissen kommt.
Dabei sind die Regeln wirklich einfach zu lernen – jedes Portal oder jede App, die etwas anderes sagt, täuscht eine unnötige Schwierigkeit vor.
Aber was sind denn nun die Voraussetzungen für NFP?
Viele sind der Meinung, dass NFP nur möglich wäre, wenn der Lebensstil und der Zyklus regelmäßig sind und man eine große Disziplin an den Tag legen kann. Immerhin muss das ganz schön aufwendig sein, jeden Tag so viele Sachen zu beobachten, oder?
Zu all dem gibt es eine einfache Antwort: Nein!
Wer NFP machen will, kann NFP ausprobieren. Wer einen unregelmäßigen Lebensstil (z.B. unterschiedliche Aufwachzeiten) hat, wird entdecken, was tatsächlich zu Störungen der Temperatur führt und kann diese den Regeln entsprechend aus der Auswertung ausklammern. Wer einen unregelmäßigen Zyklus hat, wird entdecken, ob es trotzdem genug verhütungsfreie Tage gibt, um die Methode anzuwenden. Es kann sein, dass bei sehr langen Zyklen über einen langen Zeitraum dann doch zu anderen hormonfreien Alternativen wie der Kupferkette gegriffen wird. Aber an erster Stelle steht, dass einfach getestet werden kann, ob die Methode für die eigenen Zyklen funktioniert.
Das Thema Disziplin ist für die wenigsten Frauen relevant, da die meisten Frauen mit dem Start in die NFP Zeit so gespannt auf all die Entdeckungen sind und später sowieso eine gewisse Routine in den NFP-Alltag einkehrt.
Und auch wenn man am Anfang zum Kennenlernen der eigenen Temperaturverläufe darauf achten sollte, möglichst viel zu messen, braucht man am Ende nur mindestens 9 Werte (die nichtmal zusammenhängen müssen), um regelkonform auswerten zu können. Das ist dann aber eher die Version für Fortgeschrittene. 😉
Die Beobachtungen für den Schleim finden nebenbei über den Tag statt und erfordert ebenfalls keine Disziplin – tatsächlich wird es wird es vielen NFP-Anwenderinnen mit der Zeit fast unmöglich, ihre Zeichen der (Un-)Fruchtbarkeit nicht wahrzunehmen und einzuordnen.
Der große Umstieg
Wer lange hormonell verhütet hat, bevor der Wechsel zu NFP stattfindet, wird vielleicht zu den 50% der Frauen gehören, deren Zyklus nicht direkt wieder einsetzt. Frauen im NFP-Forum, die mit Hormonspirale, Implanon und Spritzen verhütet haben, berichten besonders oft davon, nach dem Absetzen sehr lange keinen Zyklus zu haben.
Für den Körper ist es aber keine Belastung die hormonellen Verhütungsmittel abzusetzen, egal wie lange man sie vorher benutzt hat.
Wer auf Sensiplan umsteigen will, kann sich auch schon vorher in das Thema einlesen.
Manche Frauen, die umsteigen wollen, fragen mich, ob sie NFP ausprobieren können, bevor die Pille abgesetzt wird. Das ist jedoch nicht besonders sinnvoll – vermutlich wird es dich nur verwirren, weil die Zeichen der Fruchtbarkeit einfach nicht vorhanden sind und damit vielleicht das Gefühl entsteht, dass das ja gar nicht klappen kann.
Die fruchtbaren Tage
NFP mag ja schön und gut sein – aber was soll man nun in der fruchtbaren Zeit machen?
Die meisten Paare greifen ganz einfach auf Kondome zurück, viele lassen sich aber auch ein Diaphragma anpassen und nutzen dieses bei Bedarf, was natürlich die müllärmere Variante ist. Es gibt auch Paare, die in dieser Zeit auf andere Sex-Praktiken zurück greifen oder enthaltsam sind.
Und wie sicher ist NFP denn nun wirklich?
Die Sicherheit von Verhütungsmethoden wird durch den sogenannten Pearl Index wiedergegeben. Wenn von 100 Frauen in einem Jahr Anwendung 2 Frauen schwanger werden, erhält die angewendete Methode einen PI von 2. Dabei muss aber noch zwischen Methoden-PI und dem Anwendungs-PI unterschieden werden. Der Methoden-PI gibt die Sicherheit der Methode wieder, wenn KEINE Anwendungsfehler gemacht werden. Der Anwendungs-PI (auch Gebrauchssicherheit genannt) gibt wieder, wie hoch die Sicherheit ist, wenn Fehler in der Benutzung mit rein gerechnet werden. Das erklärt auch, warum Kondome oft so einen schlechten PI haben, denn wenn eine Studie erlaubt, auch ein komplettes Vergessen der Kondome als Fehler einzurechnen, kommt es schnell zu sehr hohen Zahlen von Schwangerschaften.
Deswegen ist es bei jeder Verhütungsmethode wichtig, sich mit der Anwendung gut auseinander zu setzen. Bei NFP ist das durchaus ein bisschen mehr als bei anderen Methoden.
NFP hat zwei verschiedene Methoden-PIs: 0,4 wenn man in der fruchtbaren Zeit enthaltsam lebt und 0,6 wenn in der Zeit auf Kondome zurück gegriffen wird.
Alle Methoden, die einen PI unter 1 haben, werden als sehr sicher bezeichnet! NFP ist übrigens so sicher wie die Pille.
Abstecher: Kondome und Diaphragma
Studien zu NFP haben damit auch die hohe Sicherheit von Kondomen nachgewiesen, denn diese kommen in Studien oft zu unrecht schlecht weg. Da sich Frauen, die mit NFP verhüten, oft sehr gut mit den genutzten Methoden auseinander setzen, wird vermutet, dass sie Kondome häufiger richtig (und damit sicher) anwenden, als Frauen, die kein NFP machen.
Die Sicherheit von NFP wurde anhand von von mehreren tausend Zyklen errechnet. Mehr Information dazu gibt es in dem Buch „Natürliche Familienplanung heute“.
Andere Paare nutzen Diaphragmen (immer in Kombination mit einem spermienschädigenden Gel) – die müssen unbedingt sorgfältig angepasst werden, damit sie eine sichere Alternative zu Kondomen sind. Einen Flyer mit Informationen zu sicheren Anpassungen findest du hier.
Und was passiert, nachdem man all die Informationen in das Blatt eingetragen hat?
Dann wertest du nach den Regeln von "Natürlich und Sicher" aus – und für die ersten Zyklen fragst du am besten eine Beraterin oder im NFP-Forum nach, ob du die Auswertung richtig gemacht hast. Und dann kannst du in der Zyklusphase nach dem Eisprung einfach so Sex haben, ohne Kondome oder Diaphragma (natürlich nur, wenn kein Infektionsrisiko besteht!).
Wichtig ist, sich klar zu machen: Eigentlich ist es gar nicht so einfach schwanger zu werden. Eine Frau ist nur ungefähr 12 Stunden fruchtbar, danach kann das Ei schon nicht mehr befruchtet werden. Zusammen mit der Überlebenwahrscheinlichkeit von Spermien geht man von ungefähr 5 Tagen der gemeinsamen Fruchtbarkeit aus. Um diese Zeit herum, geben die Regeln von NFP Tage für den ungeschützten Sex frei. Die meisten Frauen können in ihrem Zyklus dann ungefähr die Hälfte der Zeit Sex ohne zusätzliche Verhütungsmethoden haben.
Nebenwirkungen von NFP
NFP hat keine traditionellen Nebenwirkungen, denn es wird kein Einfluss auf den Körper genommen. Wohl aber gibt es eine große Umstellung auf die Beobachtung des eigenen Körpers. Und das kann durchaus zu überraschenden „Nebenwirkungen“ führen. Viele Frauen bemerken, dass sie sich viel verbundener mit ihrem Körper und ihrer Weiblichkeit fühlen. Sie haben nach Jahren wieder Lust auf und Spaß am Sex. Sie spüren den Wunsch, sich und ihrem Körper noch mehr Gutes zu tun und forschen, was es noch für Möglichkeiten gibt.
Für viele NFPlerinnen ist der Start in diese Verhütungsmethode damit auch der Start in eine Zeit, in der sie sich bewusster mit sich beschäftigen und liebevoller zu ihrem Körper werden. Man kann sagen, NFP ist mehr als eine Verhütungsmethode – es ist eine Möglichkeit, sich über die Fruchtbarkeit hinaus neu zu entdecken.
Penelope
Hallo!
Ich habe eine etwas persönliche Frage, weshalb ich verstehe, wenn du diese nicht beantworten möchtest.
Wenn ihr euch sicher seid, dass ihr keine Kinder wollt, warum lässt dein Mann dann keine Vasektomie machen? Das wäre die einfachste und sicherste Methode. Ohne Hormone.
Ich bin gerade erst auf diese Seite gestoßen und finde die Tipps zur Müllvermeidung wirklich toll!