Wie ist es, in Deutschland in einem Tiny House zu leben? YouTuberin und Streamerin NessaElessar weiß das, denn sie hat sich eins gebaut und erzählt ganz offen davon.
Vor kurzem durfte ich Nessa in ihrem Mini-Häuschen mit einem ganzen Team vom Bayerischen Rundfunk überfallen, um mit ihr und Christoph Nestor vom Mieterverein Heidelberg darüber zu diskutieren, wie viel Platz wir zum Leben brauchen.
Nessa hatte ich 2018 kennengelernt bei einem unserer Vorträge kennengelernt. Als sie mir von ihrem Tiny House erzählte, war ich – ja genau – ganz aus dem Häuschen! 😉 Anderthalb Jahre später hat es dann endlich mit dem Besuch geklappt und ich war ganz aufgekratzt, endlich ihr Tiny House ganz in echt zu sehen, nachdem ich es ja nur von ihren YouTube-Videos kannte.
Nessas Tiny House im Zeitraffer
Wir waren insgesamt zu acht in ihrem 23m2-Heim – fünf Leutchen vom Bayerischen Rundfunk (die mit einem Ü-Wagen kamen, der größer als das Tiny House war 😂) und wir drei, die vor die Kamera sollten: Nessa, Christoph und ich. Platzmäßig ging das echt gut, ich war beeindruckt!
Beim Dreh war es leider ziemlich hektisch, sodass wir währenddessen gar nicht so viel quatschen konnten. Umso mehr freue ich mich, dass ich sie für Wasteland Rebel interviewen darf und hatte im Vorfeld bei mir auf Instagram Fragen von euch rund um ihr Leben im Tiny House in Deutschland gesammelt, die Nessa unten für euch beantwortet!
Interview mit Nessa Elessar zu ihrem Leben im Tiny House hier in Deutschland
Zeugs und Ausmisten
Shia: Hattest du einen Prozess, der dir geholfen hat, dich besser von Dingen zu trennen?
Nessa: Wichtig beim Ausmisten ist, dass man es einerseits konsequent angeht, sich andererseits aber auch insgesamt Zeit lässt. Wenn man sich den Kleiderschrank vornimmt, sollte man ehrlich zu sich sein. Wie oft hatte ich das im letzten Jahr an? Ich habe zum Beispiel die Haken an den Kleiderbügeln herumgedreht, wenn ich etwas angezogen und nach dem Waschen wieder in den Schrank gehängt habe. So konnte ich nach einem Jahr sehen, welche Teile ich gar nicht in der Hand hatte. Die können dann in der Regel wirklich weg.
Gleichzeitig ist es aber eben auch wichtig, nicht zu viel auf einmal zu wollen. Die Menge an Besitz, die ich jetzt habe, ist das Ergebnis mehrjähriger andauernder Evaluation. Ich gehe auch heute noch regelmäßig mein Hab und Gut durch und überlege, was ich davon noch brauche – immerhin kommt ja auch immer mal wieder etwas dazu.
Man braucht nicht gleich beim ersten Aussortieren neunzig Prozent seiner Bücher wegzugeben, das habe ich damals auch nicht geschafft. Und nicht gewollt. Manche Dinge brauchen ihre Zeit und die Prioritäten im Leben verändern sich auch immer wieder. Das Ziel sollte schließlich sein, sich mit der Menge an Besitz, die man jetzt hat, wohlzufühlen.
Shia: Was sind deine Tipps für klugen Stauraum, um z.B. auch mal eine Büchersammlung, Dokumente/ Ordner oder Putzzeug unauffällig unterzubringen?
Nessa: Viele Möbelstücke können zusätzlich als Stauraum fungieren, so zum Beispiel in meinem Fall das Bett oder die Schuhablage, in der ich meine Dokumente unterbringen kann. Man muss sich dabei allerdings immer fragen, ob ein Stauraum, der nicht direkt zugänglich ist, überhaupt sinnvoll ist – wenn ich die Dinge nicht verwende, wozu habe ich sie denn dann?
Das reine Aufbewahren ist eher etwas für Erinnerungen oder gegebenenfalls für saisonale Kleidung, aber wenn ich einen Raum voller Kisten habe, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich vieles davon eigentlich gar nicht verwende.
Lifestyle
Shia: Haben sich dein Lebensstil und auch deine Gewohnheiten durch dein Leben im Tiny House verändert?
Nessa: Vieles ist einfacher geworden, weil die Wege kurz sind und die Fläche effizient genutzt wird. Mit dem Putzen bin ich schnell durch und ich kann problemlos gleichzeitig kochen und eine Serie ansehen, weil alles im selben Raum ist.
Man verliert sich in einem Tiny House nicht so schnell, so ist zumindest mein Eindruck.
In einer Wohnung mit vielen Zimmern kann man von Raum und Raum ziehen und merkt dabei nicht, dass man den ganzen Tag drinnen verbracht hat. Im Tiny House wird einem das schneller bewusst. Seit einem halben Jahr habe ich mir angewöhnt, so gut wie täglich eine halbe Stunde spazieren zu gehen. Ob das nun mit dem Tiny House kam oder nicht, jedenfalls verbringe ich tatsächlich mehr Zeit draußen.
Shia: Wie machst du das, wenn du Gäste zum Essen oder auch mal über Nacht einlädst?
Nessa: Für Gäste gibt es einen Matratzenwürfel, den man oben im Loft aufbauen kann. Essen kann man bequem zu dritt an meinem Tisch, bei Bedarf hat hier aber auch ein größerer Tisch Platz. Es ist eben wie in einer kleinen Wohnung – große Partys wird man hier nicht feiern, aber für die üblichen Gäste reicht es in jedem Fall.
Shia: Du hast ja einen Freund. Hat sich deine Beziehung durch das Tiny House verändert?
Nessa: Wir haben uns kennengelernt, als ich schon im Bauprozess war. Wir sehen beide viele Vorteile in eigenen Wohnräumen, nicht zuletzt ist bei mir ja auch das Zuhause gleichzeitig der Drehort für meine Videos. Seine Privatsphäre ist mir wichtig, deshalb ist es gut, dass er einen Rückzugsort hat, an dem es keine Kameras gibt.
Shia: Gibt es etwas, was du vermisst bzw. gibt es etwas, was du jetzt rückblickend beim Bau anders machen würdest?
Nessa: Aktuell gibt es nichts, was ich vermisse. Die Heizungsanlage hätte ich im Nachhinein anders konzipiert; daran habe ich im Nachgang noch einiges verändert. Aber das war alles machbar. Dafür, dass es das erste eigene Haus ist, bin ich sehr zufrieden mit allem.
Regulierungen für Tiny Houses in Deutschland
Shia: In Deutschland wird es einem ja nicht gerade einfach gemacht, in einem Tiny House zu leben. Magst du kurz erklären, was da die behördlichen Hürden sind und wie du es geschafft hast, einen Stellplatz zu finden?
Nessa: Da ein Tiny House einerseits im Straßenverkehr bewegt wird, andererseits als Wohnraum genutzt wird, gibt es einige Dinge zu beachten. Für das Bewegen im Straßenverkehr ist, falls man es beispielsweise auf einen PKW-Anhänger baut wie ich, eine Zulassung durch den TÜV nötig. Da gibt es dann zum Beispiel Maße zu beachten (maximale Breite von 2,55 m, maximale Höhe von 4,00 m) sowie das maximale Gewicht von 3,5 t. Je nach dem, ob das Haus als vom Anhänger abnehmbare Ladung gelten soll oder mit dem Anhänger zusammen als Wohnwagen, sind dann noch besondere Bestimmungen zu erfüllen.
Für das Aufstellen des Tiny Houses als Wohnhaus muss man sich eine Baugenehmigung einholen wie beim normalen Haus auch. Die Räder sind hier unerheblich; es geht um die Nutzung als Wohnsitz, und der muss angemeldet werden. Wenn nicht gerade ein Tiny House Park oder ein Campingplatz in der Nähe sind, auf dem Tiny Houses erlaubt sind, muss für die Erschließung eines Baugrundstücks und die Baugenehmigung auch Geld eingeplant werden.
Mein zukünftiger Stellplatz ist ein bisher unbebautes Grundstück, das in einigen Jahren fest bebaut werden soll. Bis dahin verpachtet es der Eigentümer als Stellplatz. Ich habe lange gesucht, bis ich diesen Platz gefunden habe. Wenn Tiny Houses weiterhin so populär bleiben, wird es hoffentlich in Zukunft etwas einfacher.
Praktisches
Shia: Thema Nachhaltigkeit. Wie funktioniert das eigentlich mit der Dämmung, dem Heizen oder dem Strom bei dir im Häuschen? Hast du vielleicht sogar eine Solarzelle?
Nessa: Das Tiny House ist nicht per se energiesparender als ein normales Haus, der geringere Verbrauch ergibt sich eher aus der kleinen Grundfläche. Da man auf dem PKW-Anhänger an die 3,5 t gebunden ist, kann man das Haus meist nicht so gut isolieren wie moderne Neubauten. Der Verbrauch für die Heizung ist also eher wie der in einer etwas älteren Dachgeschosswohnung. Das ist ganz klar ein Schwachpunkt. Wer also die Möglichkeit hat, ein Tiny House stationär und ohne Gewichtsbeschränkung zu bauen, dem würde ich immer dazu raten. Für mich war das aus vielen Gründen keine Option.
Strom bekomme ich aktuell von extern, eine Solaranlage ist aber in Planung.
Hier findet ihr Nessa, schaut unbedingt vorbei!
► Nessas YouTube-Kanal rund um ihr Tiny House
► Nessas Gaming YouTube-Kanal
► Nessas Patrion-Seite
► Nessas Webseite
► Nessa auf Instagram
Uwe
Erinnert an meine erste Dachgeschosswohnung die unter 20 qm war , nur mit Waschbecken und Toilette , geduscht wurde auf Arbeit , gebadet bei meinen Eltern und Wäsche im Waschsalon/Eltern.
Ich könnte mir vorstellen wieder in ner kleinen Wohnung zu leben , wobei es nicht unbedingt ein Tinyhaus sein müsste das nur unnötig Bauflächen verschwendet da dieses nicht in die höhe geht.
shia
Finde ich total interessant, dass du den Punkt mit der Baufläche ansprichst :)! Darüber sprechen wir ja auch in unserer kleinen Diskussionsrunde!
Frank Grech
Ich wäre sehr zufrieden, in einem eigenen Haus zu wohnen, auch in einem Tiny House. Was sage ich, super wäre es