Wie viel Platz brauchen wir eigentlich zum Leben? Minimalismus, Nachhaltigkeit, Downsizing und Wohnen auf wenigen Quadratmetern sind zu einem richtigen Trend geworden. Auch in Deutschland leben immer mehr Menschen in Tiny Houses, dem kuscheligen Eigenheim auf wenigen Quadratmetern.
Klein aber fein
Viele von euch wissen, dass ich ein ganz großer Fan vom kleinen Wohnen bin. Hanno und ich leben schon ziemlich lange ziemlich klein. Momentan zu zweit auf schnuckeligen 30m² in der Kölner Innenstadt. So sieht es bei uns Zuhause aus:
Ein großer Dank an dieser Stelle an die Stadt Dortmund und die liebe Ceyda von Moduldrei, die für das städtische Projekt Kleine Häuaser Dortmund diese Roomtour bei uns Zuhause gedreht haben!
Die Frage, wie viel Platz wir zum glücklichen Leben brauchen, beschäftigt Hanno und mich häufig. Wir haben vieles schon in unseren fast 16 Jahren Beziehung ausprobiert. Von einem gemeinsamen WG-Zimmer zur geteilten 19,5m²-Ein-Zimmer-Wohnung – in der wir unbeabsichtigt dann doch über zwei Jahre drin wohnten – bis zur 55m²-Zwei-Zimmer-Wohnung mit zwei fetten Balkonen (einem Nord- und einem Südbalkon!) haben wir alles durch. Unsere Lebensumstände ändern sich laufend, aber eine Erkenntnis bleibt: Lebensqualität lässt sich nicht einfach an der Quadratmeterzahl abmessen.
Was aber ist zu groß und wie klein ist zu klein?
Wir haben festgestellt, dass zumindest Hanno und mir auch ideal auf unsere Bedürfnisse zugeschnittene 55m² einfach zu groß sind. Da hat uns der Haushalt einfach zu viel Zeit gekostet und wir fanden das sehr unkommunikativ, weil wir uns oft quer durch die Wohnung anschreien mussten. Laut meiner Mutter hocken wir aber auch zu viel aufeinander rum 😉.
Was aber ist unsere "Schmerzgrenze" nach unten? Auch das haben wir getestet, wenngleich nur sechs Tage lang. Wir sind zu zweit für einen Film des NaturVision FilmFestivals in das Ludwigsburger Mikrohofhaus eingezogen – ein 7,3m² kleines Häuschen mitten auf einer Verkehrsinsel an der viel befahrenen B27. Puh, das war sogar für uns ziemlich klein und wir waren uns nicht sicher, ob uns das am Ende nicht doch zu hardcore wäre.
Unser Fazit: Auf die Einrichtung kommt es an!
Mit ein paar Änderungen im Haus könnten wir es uns gut vorstellen, darin zu wohnen. Na gut, von der Lage auf der Verkehrsinsel mal abgesehen. Die Lautstärke hat weniger gestört als gedacht, aber die Feinstaubbelastung war doch nicht ganz ohne.
Was wir ändern würden? Das Mikrohofhaus war leider mehr als Ferienwohnung angelegt. Es fehlten nutzbarer Stauraum und grundlegende Dinge wie Haken an der Wand für Jacken oder ein Spiegel. Und so eine Minibar als Kühlschrank kann leider nicht mehr als drei Getränke, aber keinen Einkauf auf dem Wochenmarkt beherbergen. Das Bett auf- und abzubauen war sehr umständlich und ist definitiv nichts, was wir morgens machen würden – obwohl wir (inzwischen) zu den Leuten gehören, die wirklich jeden Morgen das Bett machen. Ich geb's zu – das klingt jetzt krasser als es ist. Bei unserem Schrankbett ist das wirklich super schnell gemacht. Alles Dinge, die mit einfachen Handgriffen geändert werden könnten – der Platz ist da!!
Wie es uns und den anderen Bewohner*innen des Mikrohofhauses erging, könnt ihr euch im Kurzfilm "Und wo ist die Badewanne? Über die Zukunft des Wohnens" ansehen:
Außerdem habe ich dazu auch bei Cosmo berichtet, nachzulesen und nachzuhören hier: Leben aus 7,3 Quadratmetern. Wir haben es in den sechs Tagen sogar in die Lokalzeitung, der Ludwigsburger Kreiszeitung, geschafft: Minimalisten-Paar testet Mikrohofhaus 😆.
Der #TinyHouse Talk
Es gibt fünf große CO2-Verursacher in unserem Alltag: Fliegen, Auto fahren, Konsum, Ernährung – und Wohnraum. Je größer wir wohnen, desto mehr Ressourcen verbrauchen wir, das hat das Umweltbundesamt untersucht.
1991 benötigten wir statistisch nur knapp 35 m² pro Person. Heute wir schon bei rund 47m² – Tendenz steigend. Single-Haushalte belegen sogar durchschnittlich ganze 66,7m²! In Anbetracht der Klimakrise natürlich absoluter Wahnsinn – denn jeder Quadratmeter Wohnfläche verbraucht Ressourcen – und das laufend.
Wir wollen also größer wohnen, aber gleichzeitig wird Wohnraum in Ballungsräumen aber knapper. Und es steht 5 vor 12 beim Klimawandel.
In Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk (BR), wollte ich der Frage auf dem Grund gehen, wie viel Platz wir eigentlich zum Leben und glücklich sein brauchen und ob kleiner Leben nicht nur der Umwelt gut tut, sondern vielleicht sogar die Wohnungsnot in Ballungsräumen etwas lindern könnte.
Dazu haben wir eine kleine Diskussionsrunde mit der Tiny-House-YouTuberin Lisa AKA Nessa Elessar und Christoph Nestor vom Mieterverein Heidelberg aufgesetzt. Ganz stilecht haben wir uns alle ins Tiny House von Lisa eingeladen – danke, liebe Lisa, dass wir dich so überfallen durften!
Lisa dokumentiert den Bau und das Leben in ihrem Tiny House auf ihrem YouTube-Kanal Nessa Elessar. Schaut unbedingt bei ihr vorbei, ich finde es total faszinierend zu sehen, wie das Haus Stück für Stück "wächst" und finde den Einblick in das Tiny-House-Leben von Lisa super spannend!
Christoph Nestor ist vom Mieterverein Heidelberg und kennt sich mit dem Wohnraummangel nur zu gut aus. Er sieht im kleinen Wohnen – zumindest in Form von Tiny Houses – nicht unbedingt die Lösung und denkt, dass es da bessere Alternativen gibt, wie z.B. Mietshäuser-Syndikate, also kollektive, selbstorganisierte Hausprojekte.
Als Überraschungsgast hatten wir eigentlich noch den Tiny-House-YouTuber Max Green, den der BR aber leider rausgeschnitten hat. Stattet auch Max unbedingt einen Besuch auf seinem YouTube-Kanal ab, bei ihm geht es neben seinem Tiny House auch um Zero Waste und Minimalismus!
Ich durfte die Diskussionsrunde moderieren. Als Konzept wollte der BR aber, dass ich auch mitdiskutiere, also nicht neutral bin. Ich persönlich fand es sehr schwierig, da ein Gleichgewicht zu finden und würde nach der Erfahrung auch in Zukunft entweder klassisch moderieren oder eben als Gast diskutieren.
Wie lebt ihr denn und was ist euch wichtig? Könntet ihr es euch vorstellen, in einem Tiny House wie Lisa oder Max oder in so einer kleinen Wohnung wie Hanno und ich zu wohnen? Seid ihr eher Minimalisten oder Maximalisten?
Wichtig
Das Talk-Video ist in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk (BR) entstanden.
Bei dem Video handelt es sich um eine einmalige Zusammenarbeit, d.h. ich wurde gefragt, ob ich Lust hätte, bei einem Test eines neuen BR-Talk-Formates auf YouTube mitzumachen. Ich werde für meinen Arbeitsaufwand vergütet, was ja auch eigentlich selbstverständlich sein sollte. In diesem Fall nach Arbeitstagen.
Produziert hat der BR das Video – wie ihr es auch am (im Vergleich zum Tiny House wirklich riesigem 😝) Ü-Wagen im Video erkennt. Kamera, Ton und Schnitt lagen komplett in BR-Hand. Deshalb wirkt das Video natürlich auch ganz anders als meine sonstigen Videos.
Gemeinsam haben wir an der Idee für diesen Tiny-House-Talk gearbeitet und ich habe redaktionelle Unterstützung bekommen. Wichtig war mir, dass alles, was ich so als z.B. An- und Abmod vorbereitet habe und auch sonst so sage, von mir kommt und Nachhaltigkeit als Thema präsent bleibt und wir nicht z.B. in eine Wohnraumsmangel-Diskussion abrutschen.
Marion
Hallo Shia,
du wirfst in den Videos sehr wichtige Fragen auf:
Was bedeutet Lebensqualität? Hängt es von der Größe unserer Wohnfläche ab, wie gut wir leben? Wieviel brauchen wir wirklich, um glücklich zu sein?
Ihr zeigt, wie der Umzug in eine kleinere Wohnung genutzt werden kann, um sich von Überflüssigem zu trennen und sich auf das Wesentliche zu besinnen.
Nicht zu vergessen der geringe Aufwand fürs Aufräumen und Putzen 😉
Herzliche Grüße
Marion
shia
Hi Marion,
danke für das Feedback! 🙂 Haha, ja es ist wirklich erstaunlich, wie viel weniger Aufwand das Aufräumen und Putzen mit weniger Dingen auf weniger Fläche ist!! Ich glaube ja, dass es davon kein Zurück mehr gibt – zumindest für so faule Typen wie uns 😉
Und ich muss sagen, dass wir uns immer noch jeden Morgen wie kleine Kinder freuen, wenn wir unser Bett hochklappen! Gut, unsere Küche könnte besser aufgeteilt sein, aber die gehört zur Wohnung und wir haben sie mit der Erlaubnis unseres Vermieters schon besser an unsere Bedürfnisse angepasst 🙂
Liebe Grüße,
Shia
Pia Polzin
Hallo Shia,
bei dem Thema hab ich mich entschlossen auch mal was zu kommentieren.
Ich werde erst noch 18 und ziehe dann nach meinem Abitur aus um zu studieren, aber in der Vergangenheit haben meine Eltern und ich eine extreme Verkleinerung mitgemacht. Von einem ( von den Großeltern) geerbten Haus mit 3 Wohnungen - allein unsere 200m² und einem riesigen Hof in eine 60m² Wohnung und jetzt endlich in ein ca 55m² großes Eigenheim (mit Schuppen als Abstellraum/ Lager damit man nicht ständig in die Stadt zum einkaufen muss...) mit kleinem Garten und Hof.
Für viele unserer Freunde und Verwandten ist es unvorstellabr sich so zu verkleinern, aber nach unserem Umzug haben wir festgestellt, dass wir nichts vermissten; es fehlte nichts. Einem wird erst wirklich bewusst, dass man viele Sachen nur hat, weil man sie eben haben kann und nicht weil man sie braucht oder benutzt.
Obwohl unser Häuschen sogar etwas weniger Fläche hat als die Wohnung fühlt es sich doch viel gemütlicher an, einfach weil es besser aufgeteilt ist.
Ich denke Wohnung können viel besser gestaltet werden und so auch wenig Lebensraum lebenswerter machen. Außerdem wäre es sicherlich von Vorteil so ein paar "Tools" bekannt zu machen, mit denen man Platz sparen kann. Es ist natürlich ein unglaublich komplexes Thema, Menschen und die Gesellschaft zu beeinflussen, genügsamer zu sein.
Ich finde du leistet mit deinem Blog immer super Anschauungsmaterial dazu 😉 weiter so.
LG Pia
shia
Hi Pia,
schön zu hören, dass euch nach der ja wirklich drastischen Verkleinerung (bzw. sogar Verkleinerungen) gar nichts fehlt. Bei uns ist es ein bisschen umgekehrt: Wir wundern uns, wie viele (unnütze) Ding andere Menschen alles Zuhause haben, wenn wir irgendwo zu Besuch sind. Nicht, dass es uns stören würde, ist ja nicht unser Zuhause, aber es fällt uns doch auf.
Und ja, eine gute Aufteilung und vor allem eine bedachte Einrichtung machen richtig viel aus! Ich werde übrigens auch mit Nessa noch ein Interview führen und ich werde sie mal nach ihren "Tools" fragen. Du kannst natürlich auch direkt zu ihrem YouTube-Kanal rüber klicken, sie hat ja ganz viele Videos zur Einrichtung ihres Tiny Houses, ich bin wirklich total hin und weg!
Liebe Grüße,
Shia
Hella Gueven
Hallo Shia,
In einem tiny house lebe ich nicht. Mit inzwischen 83 Jahren würde ich bald Schwierigkeiten mit der Leiter bekommen. Aber seit fast 20 Jahren mit meiner Katze, auf 32 qm. Hälfte der Terrasse noch zum Wohnraum gerechnet ca. 28 qm. Grosses Bad, grosse Küchenzeile, bequemes Klappsofa, Tisch in der Mitte. Und um den herum... viiiiel Platz.Besuche ich Bekannte, so stelle ich fest: bei denen ist es, trotz viel mehr qm enger. Die haben aber auch mehr
"Sachen" und "Deko". Ich bin freier und unbelasteter. Bringt doch mal solche Wohnformen für Senioren.
Gut für die Umwelt sind tiny house aber erst, wenn sie kompakt, oder gewürfelt stehen. Sonst zersiedeln sie doch den knappen Bauraum. Aber trotzdem ein Anfang, eine Anregung. Viel Glück Euch Zweien.
shia
Hallo Hella,
solche Wohnformen für Senioren fände ich ja ganz toll! Finde ich total schön, wie du es dir eingerichtet hast! Klingt in meinen Ohren äußerst gemütlich. 🙂 Vor allem mit deiner Katze!! Ach, wir hätten auch gerne eine... Oder eher noch zwei!!
Wir haben auch das Gefühl, dass wir viel Platz haben – mehr als wir bei anderen Leuten in größeren Wohnungen vorfinden! Es ist auch einfach eine Frage davon, wie man den Platz nutzt und eben (nicht) vollstellt.
Statistisch ist es übrigens so, dass ältere Menschen in Deutschland mehr Wohnfläche "belegen" (Zahlen vom Umweltbundesamt, die ich auch oben im Artikel zitiere), weil natürlich im gleichen Haus/ der gleichen Wohnung früher die ganze Familie gelebt hat und es heute ja nicht mehr so üblich ist, dass die Kinder mit ihrer Familie wieder einziehen. Die Häuser sind oft auch dann gar nicht altersgerecht umgebaut und jeder Quadratmeter mehr verursacht mehr laufende Kosten – was gerade mit einer kleinen Rente eine echte Belastung sein kann.
Ich bin auch bei der Frage der Nachhaltigkeit bei Tiny Houses bei dir. Sie sind nachhaltig, wenn sie dicht und übereinander stehen (was ja auch schon wieder so was wie ein Wohnhaus ist) oder wenn sie sonst ungenutzte Flächen ausnutzen, wie z.B. als Ergänzungen auf bestehenden Häusern, auf die man kein ganzes Stockwerk setzen könnte oder in Städten in Zwischenräumen zwischen Häusern, in Hinterhöfen oder in Form von ausgebauten Garagen!
Vielen lieben Dank für deinen total spannenden Bericht, liebe Hella!
Liebe Grüße,
Shia
Emilia
Hallo Shia,
Wir leben in einem Häuschen mit 50m2. Die sind aber auf großzügige 3 Zimmer(chen), eine Küche und ein kleines Badezimmer aufgeteilt. Eins der Zimmer ist Lagerraum und wird ansonsten als Gästezimmer genutzt. Hier ist auch ein Teil der Hauselektrik untergebracht, da wir eine Solarinsellage haben und auch ansonsten in punkto Energie, Heizen, Wasser autark leben.
Die Räume gehen mehr oder weniger ineinander über, nur das Klo hat eine Tür, das Schlafzimmer pro forma.
Dazu kommen eine Werkstatt und ein Häuschen für die Energie, die nicht ans Haus angebaut sind. Minimalistisch leben wir keineswegs, da wir so, wie wir hier leben für alle Eventualitäten gerüstet sein müssen.
Im Haus haben wir zwar nicht viel Platz, aber ein Großteil des Lebens findet draußen statt und bei schlechtem Wetter ist es drinnen gemütlich. Man muss sich aber schon gut verstehen und bei Dingen wie Komfort einfach auch bereit sein, Abstriche zu machen.
Hausarbeit hat hier auch noch was mit Arbeit zu tun. Von daher sind wir ganz froh, dass das Haus nicht größer ist.
Herzliche Grüße
shia
Hi Emilia,
wow, ihr lebt energetisch Autark, da werde ich ganz neidisch!!! Das ist wirklich etwas, was uns an der Mietwohnung stört. Wir haben zwar Ökostrom und für das Warmwasser 100% Biogas – aber die Heizungen laufen natürlich über eine Zentralheizung für das ganze Wohnhaus, und die wird natürlich über Erdgas betrieben. Als Mieter*in hat man leider nicht immer mitzureden. Unsere Hausverwaltung stemmt sich z.B. auch gegen eine Biotonne, und das, obwohl sie UMSONST ist und sogar Geld spart, weil dann weniger Restmüll anfallen würde.
Ich finde es sehr schön, wie ihr es für euch so eingerichtet habt. Minimalistisch bedeutet für mich, Ballast zu minimieren. Wenn ihr nun einmal so wie ihr lebt mehr braucht, dann kann das trotzdem minimalistisch sein. Was ihr braucht, braucht ihr.
Liebe Grüße,
Shia