Klamotten sind inzwischen mit Fast Fashion wirklich zur Wegwerfware mutiert. Wir misten alle regelmäßig unseren Kleiderschrank aus, um Platz für neue Kleidung zu schaffen. Trotzdem versauren einer Greenpeace-Studie nach fast 40% der produzierten Kleidungsstücke nahezu ungetragen im Kleiderschrank. Dann kommt alles in große Müllsäcke und meistens landen die in einem Altkleidercontainer. Ich dachte ja immer, dass diese Kleidung entweder bei bedürftigen Menschen landet oder recycelt wird. Aber nichts da, das ist eine Illusion, sagt Shia Su, unsere COSMO-Nachhaltigkeitsexpertin. So einfach ist das mit der Recycelbarkeit von Kleidung und Schuhen gar nicht.
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Shia, was genau passiert denn mit meinen Klamotten und Schuhen, die ich in den Altkleider-Container werfe? Gehen die nicht an Bedürftige?
Naja, es ist halt etwas komplizierter: du spendest in der Tat deine Kleidung, du kriegst ja kein Geld dafür. Für die, die deine Klamotten einsammeln, sind deine Klamotten eine Ressource. Da geht es ums Geld. Bei gemeinnützigen Vereinen finde ich das generell ja noch in Ordnung, sofern die Sachen in deren eigenen Secondhand-Läden hier vor Ort landet. Der Erlös daraus kommt dann zumindest einem guten Zweck zu. Viel wird leider aber auch in Entwicklungsländer verschifft, was schlecht für die dortige lokale Textilindustrie ist. Inzwischen sind sogar Fast-Fashion-Ketten, wie H&M auf den Zug aufgesprungen und sammeln die alten Klamotten ein. Sie drängen sich also auf einen Markt, wo hauptsächlich Non-Profits sind und kurbeln den Fast-Fashion-Konsum an, indem sie den Klamottenspendern Gutscheine für den nächsten Einkauf geben.
Shia, wieso die alten Kleider kaum bei Bedürftigen landen, habe ich jetzt verstanden, aber warum kann man die Klamotten denn nicht vernünftig recyceln?
Das Problem fängt eigentlich schon bei der Produktion an. Die meisten Klamotten heute bestehen heute aus Kunst- oder Mischfasern. Du kannst dir ganz einfach merken: Je mehr Materialien irgendwo zusammen verklebt, verwoben, oder vernäht sind, desto schwerer bis unmöglich ist es generell, diese zu recyceln. Denn die Materialien müssen irgendwie getrennt werden und darauf wird bei der Produktion fast nie geachtet.
Was ist z.B., wenn ich meine zerfetzte Lieblingsjeans in die Altkleidersammlung gebe oder ein T-Shirt aus 100% Baumwolle?
Aus deiner Lieblingsjeans oder dem Baumwoll-T-Shirt wird wahrscheinlich eher so was wie ein Putzlappen oder Dämmstoff, was wiederum nicht mehr weiter recycelt werden kann. Es kann bei der Art und Weise der Sammlung keiner nachvollziehen oder nachprüfen, ob dein T-Shirt komplett aus Baumwolle besteht oder vielleicht doch 30% Polyester drin ist. Das nennt sich dann Downcycling. Es ist also kein Kreislauf, sondern eher eine Einbahnstraße mit dem Restmüll als Endstation. Übrigens soll man aber abgerockte oder auch einfach nur unmodische Kleidung gar nicht in die Altkleidersammlung geben, sondern direkt im Restmüll entsorgen...
Echt? Wieso denn das?
Weil die Klamotten so viele Station durchlaufen. Deine kaputte Lieblingsjeans oder dein unmodisches Baumwoll-Shirt müssten erst mal quer durch Deutschland transportiert werden, wo sie dann von Hand als untragbar aussortiert werden. Um ein Putzlappen zu werden, müssen sie dann schon wieder zur entsprechenden Anlage transportiert werden. Kann aber auch sein, dass sie nach dem Aussortieren im Müll landen. Auch in diesem Fall muss sie weiter in die dafür entsprechende Anlage transportiert werden. Da fallen also zusätzliche Transport-Emissionen an. Wenn du die Jeans direkt bei dir zu Hause in den Restmüll gibst, wird sie zumindest auf direktem Weg entsorgt, was am Ende dann doch ökologischer ist.
Und was ist mit Schuhen? Auch direkt in den Restmüll? Aus denen können ja nicht mal mehr Putzlappen werden. Oder gibt es da andere Recycling-Methoden?
Bei Schuhen gelte n die gleichen Maßstäbe: Nur saubere, gut erhaltene und modische Schuhe werden weiter getragen. Wenn sie kaputt sind gehören sie in den Restmüll. Schuh-Recycling bzw. Schuh-Downcycling ist ganz, ganz schwierig und dafür gibt es weltweit kaum Anlagen. In Deutschland weiß ich nur von einer Firma, die das macht. Da werden die Schuhe geschreddert und man versucht, die Materialien danach zu trennen und daraus noch was zu machen. Aus dem Material der Sohle können z.T. noch Sportplätze gemacht werden. Aber um Schuhe und Kleidung wirklich im großen Stil recyceln zu können, muss man bei der Produktion ansetzen. Da gibt es zum Glück einige Pioniere, die z.B. Jeans nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip produzieren. Das heisst, schon bei der Produktion wird darauf geachtet, dass die Jeans hinterher auch recycelbar ist. Über ein eigenes Rücknahmesystem werden die Jeans wieder zu neuen Jeans verarbeitet. Das finde ich cool, denn das ist echtes Recycling und eine richtige Kreislaufwirtschaft!
Yitzhak Rothstein
Moin moin in die Runde, ich bin heute eher zufällig auf die Seite hier gestoßen (über mehrere Links ursprünglich vom "Sonnenglas"(SolarLaternen in Schraubgläsern, in Südafrika hergestellt)
und ich selbst versuche Nachhaltigkeit zu unterstützen, indem ich die Dinge die mich begleiten so auswähle, daß sie mich lange begleiten können. Das heißt also pfleglich behandeln, sorgsam reinigen, reparieren was zu reparieren ist, reparieren zu lassen, auch wenn das sehr teuer ist. Ich denke, daß ein Gebrauchsgegenstand den meisten Dreck macht, wenn er hergestellt wird. Ressourcen schonen geht, wenn schon beim Bau oder der Herstellung darauf geachtet wird, daß defekte Teile ausgetauscht werden können und nicht das ganze Produkt im Müll landet. Pflege und Wartung ist ganz wichtig, um zum Beispiel eine Espressomaschine jahrzehntelang benutzen zu können(Meine ist Baujahr 1992) Bis in die 90er Jahre wurde zum Teil noch so gebaut, daß technische Geräte noch keine "Sollbruchstellen" hatten (geplante Obsoleszenz) und Verschleißteile ließen sich auswechseln. So habe ich zum Beispiel einen Vollverstärker, vierkanalig, der ca 25Jahre alt ist, einen ebenso alten Trockenrasierapparat(BraunMicron), ein Fahrrad mit gemufftem Niro-Stahl-Rahmen Bj.1992, diverse Dinge, die bei guter Pflege auch alt werden dürfen bei mir, da ich um so mehr dran hänge, desto länger diese Teile bei mir Dienst tun. Mobiltelephone kaufe ich gebraucht, achte auf gute Geräte, die hoffentlich noch lange mitmachen. Mein letztes blieb vier Jahre bei mir, nachdem es schon zwei Jahre einen anderen Eigner hatte. Da konnte ich noch den Akku austauschen. Mein jetziges hat einen festverbauten Akku - mal schauen..
Mein Auto hat
Klamotten? Viel Leinen, reine Baumwolle aber auch das vielgescholtene Fleece. Beides hält mindestens zehn Jahre. Sommer-Schuhe kaufe ich wenn's paßt second hand und ich geb mal richtig Geld aus für ein Paar anständige Bergstiefel, die dann aber auch ca. 7Jahre halten für Winter und eben Bergwandern. So hab ich alles in Allem vier Paar Schuhe und erst wenn eines davon völlig hinüber ist, mach ich mich auf die Suche nach neuen. Ich denke, so können wir auch für Nachhaltigkeit leben. In dem Sinne Euch allen, die hier lesen oder die Ihr hier den Blog schreibt ein gesegnetes neues Jahr 2019! Seid und bleibt behütet!
Yitzhak Rothstein
Da ist noch ein Satz nicht zu Ende geschrieben:
Mein Auto nämlich - das hatte 440.000 Kilometer auf der Uhr, bevor ich es dann außer Dienst gestellt habe.
Luthien
Hier kann man nachschauen, in welchen Altkleidercontainer man die Klamotten einwerfen muss, damit sie wirklich Bedürftigen zugutekommen und nicht nur aus kommerziellen Gründen gesammelt und ins Ausland verschifft werden:
https://www.fairwertung.de/standortsuche/index.html
Anonymous
Hallo Michelle,
habe einfach mal Cradle -to- Cradle Kleidung gegoogelt.
Da kommt man auf ganz interessante Seiten.
Viele Grüße
Anna-Lisa
Michelle
Liebe Shia,
Könntest du die Marken nennen die nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip Kleidungsstücke herstellen? Das klingt sehr spannend.
Vielen Dank,
Michelle
shia
Hi Michelle,
meine Jeans ist z.B. von MUD Jeans. Da ich fast nie neue Kleidung kaufe, kann dir da, wie Anna-Lisa oben auch schreibt, Google bzw. Ecosia.org (die nachhaltige Suchmaschine) besser weiterhelfen.
Liebe Grüße,
Shia
Amke
Du kannst mal bei "My Green closet" gucken, wenn englisch kein Problem ist. Erin kommt aus der Modeindustrie und setzt sich für eine nachhaltigere Produktion und mehr Bewusstsein bei konsumenten ein. Auf ihrem Blog, bei YouTube und der dazu gehörigen FB Gruppe findet man viele Infos zu nachhaltiger Mode, auch zu cradle to cradle Firmen.