Jeden Sonntag um 14:30 Uhr schnacke ich bei COSMO immer ein bisschen zum Thema Nachhaltigkeit. Letzten Sonntag ging es um Zero Waste im Badezimmer (nachlesen | nachhören). Eine Hörerin hat daraufhin eine wirklich spannende Frage gestellt, die mir in Form eines Leserbriefes weitergeleitet wurde. Ich denke, das ist eine Frage, die nicht nur Julia, sondern ganz viele von uns (zurecht) beschäftigt und möchte sie deshalb auch hier noch mal für alle beantworten.
Es ist Zeit für eine neue Rubrik: Leser*innenbriefe
Zeitungen und Zeitschriften machen es, und ich fand es immer total interessant, die Fragen und Antworten zu lesen! Ich werde das jetzt häufiger auf meinem Blog machen 😁. Irgendwie gefällt mir das!
Liebe Shia Su!
Wie kannst Du behaupten, dass Zahnpastatuben aus Metall ökologisch sinnvoller sind als Plastik, obwohl man Plastik mittlerweile natürlich herstellen kann und Metall ein energieintensiver und immer knapper werdender Rohstoff ist?
Julia aus Aachen
Liebe Julia,
danke für die wirklich spannende Nachfrage! Du hast absolut recht: Metall ist sehr energie-intensiv, sowohl im Recycling-Prozess als auch in der Rohstoffgewinnung. Die beste Lösung ist natürlich, wenn man das ganz ohne Verpackungsmüll hinbekäme, aber manchmal ist eben die beste Option nicht sehr anschlussfähig. Und nach wie vor bin ich der Meinung, dass die Metalltuben zumindest die bessere, wenn auch nicht die optimale Lösung sind.
Denn auch, wenn es inzwischen Bioplastik aus verschiedenen Materialien bestehen, gängige Zahnpasta-Tuben bestehen leider nicht daraus, sondern aus regulärem Plastik, das aus Erdöl gewonnen wird. Erdölgewinnung an sich ist bereits ziemlich destruktiv, die Plastikproduktion an sich überraschend unreguliert und nach Plastikmüll ist eine größere Umweltbelastung.
Umweltbilanzen für Plastik betrachten meistens nur den Ressourcenaufwand in der Produktion und Verarbeitung, vergessen aber sowohl die Extraktion als auch die Umweltfolgen nach der Verwendung. Denn auch wenn ein Material recycelbar ist – ein beachtlicher Teil unseres Mülls findet in der Realität nicht den Weg zurück in den Recycling-Prozess. Und da belastet Plastik die Umwelt mehr als Metall. Man denke nur an das ganze Plastik im Meer, wovon nicht wie sonst landläufig angenommen wird, das meiste von der Schifffahrt, sondern vom Land kommt, und das auch fernab der Küste. Aufklärungsarbeit dazu macht z.B. die Organisation Whale & Dolphin Conservation.
Wir nennen es zwar “Recycling”, aber bei Plastik ist das fast ausschließlich ein “Downcycling”. Sprich, aus dem Material kann nur etwas Minderwertigeres hergestellt werden, und das auch meistens nur einmal. Danach ist es Plastikmüll. Das ist bei Metall und Glas anders. In allen Fällen erfordert der “Recycling”-Prozess natürlich den Einsatz weiterer Ressourcen wie u.a. Energie und Wasser. Es ist von daher nicht, wie häufig suggeriert, ein geschlossener Kreislauf.
Nun zu Bioplastik. “Bioplastik" gibt es aus verschiedenen Materialien. Einige Sorten bestehen weiterhin aus Erdöl. Sie werden “Bioplastik” genannt, weil sie sich biologisch abbauen lassen. Dies ist bei Plastik sonst nicht der Fall. Plastik zerfällt mit der Zeit einfach in kleinere und kleinere Partikel, auch Mikroplastik genannt. Andere Arten bestehen aus Maisstärke. Der Anbau von Mais für die industrielle Nutzung ist umstritten, egal, ob für Bioplastik oder Biokraftstoff. Zum Einen erfolgt der Anbau in Konkurrenz zum Anbau von Nahrungsmitteln, das nennt sich auch Flächenkonkurrenz. Der Anbau von Mais für die industrielle Nutzung ist oftmals lukrativer und verdrängt nicht nur den Anbau von Lebensmitteln, sondern treibt auch den Weltmarktpreis für Mais hoch, was für (Entwicklungs-)Länder, in denen Mais ein Grundnahrungsmittel ist, ein großes Problem ist. Zum anderen sind die Pflanzen gentechnisch manipuliert und werden unter großzügigem Einsatz von Pestiziden angebaut.
Es gibt aber auch Bioplastik aus Bambus. Wie der so abschneidet, kann ich dir leider gerade so aus dem FF nicht sagen, damit habe ich mich bisher noch nicht groß beschäftigt. Kann sein, dass das sowohl in der Produktion, in der Verwendung, in der Entsorgung ökologisch als auch ethisch super ist. Würde mich freuen :).
Nun zur Entsorgung von Bioplastik. Viele Sorten sind theoretisch recycelbar. Allerdings können die Müllsortierungsanlagen, die heutzutage im Einsatz sind, Bioplastik nicht erkennen. So können sie auch nicht aussortiert und entsprechend recycelt werden. Bisher ist der Bioplastik-Anteil im Müll auch noch so gering, dass es sich für die Anlagen nicht lohnt, da aufzurüsten. Das bedeutet in Deutschland, dass Bioplastik, das seinen Weg in unser Müllentsorgungssystem gefunden hat, wie auch das meiste andere Plastik als Ersatzbrennstoff in der Industrie eingesetzt (=verbrannt) wird. Hier habe ich mal ausführlich darüber berichtet, was mit unserem Müll passiert.
Wie du siehst, ist es leider häufig gar nicht so einfach und es gibt viel zu beachten. Am Ende finde ich bei unserem momentanen technischen Stand weder Plastik noch Metall so prall, vor allem für Sachen, die nach einmaligem Einsatz im Müll landen! Nicht umsonst setze ich mich für Zero Waste ein – denn der beste Müll ist gar kein Müll ;).
Liebe Grüße,
Shia
Elsa Horneke
Vielen Dank für diesen spannenden Artikel! Ich kann mich deiner Meinung hierbei nur anschließen, obwohl ich die Frage auch gerechtfertigt finde. Mein Mann arbeitet im Metallbau und kennt sich daher mit Metall bestens aus. Danke für den Beitrag!
Antione Mccarvill
Hi, toller Artikel! Bitte mehr Artikel dieser Art. Viele Grüße
Helena
Ich glaube schon, dass Metal umweltfreundlicher als Plastik ist, denn der Recycling-Prozess von dem Stoff wie von Glas natürlich ist. Metall belastet die Umwelt daher viel weniger, als Kunststoff. Danke für den Beitrag über Nachhaltigkeit!https://berchtold-metallbau.de/nuernberg/
Antonia
Danke für die Info, dass Umweltbilanzen für Plastik Umweltbilanzen für Plastik betrachten meistens nur den Ressourcenaufwand in der Produktion und Verarbeitung meistens nur den Ressourcenaufwand in der Produktion und Verarbeitung betrachten. Wichtig sind ja auch andere Zusammenhänge. Z. B. werden Übergänge von Kunststoffen auf Lebensmittel, in der VO EU 10 2011 zur spezifischen Migration geklärt. Das betrifft dann auch die Gesundheit.
Fussel
Was beim Recycling noch dazukommt, ist, dass sich die Recyclingindustrie gern mal in die eigene Tasche lügt, wie z.B. bei Tetrapak:
http://www.t-online.de/heim-garten/haushaltstipps/id_73750112/zdf-enthuellt-die-grosse-recycling-luege-von-tetra-pak-und-co-.html
D.h. erstens kommen gar nicht so viele Tetrapaks zum Recycling wie angegeben, weil nach Gewicht abgerechnet wird und die mitgewogenen Restflüssigkeiten und Dreck einfach als zusätzliche Verpackungen gerechnet werden. Und zweitens wird das, was bei den Recyclingfirmen angeliefert wird, einfach alles als "recycelt" berechnet, obwohl davon viel verbrannt wird.
Ich fürchte, bei der Messung von Recyclingquoten bei anderen Plastikverpackungen sieht es nicht besser aus - es hat sich nur noch niemand die Mühe gemacht, das genauer zu untersuchen.
Wir sammeln Metall übrigens seit einiger Zeit separat und bringen das dann direkt zum Recyclinghof in den Metallcontainer. Da kann man mit einer deutlich besseren Recyclingquote rechnen als beim Inhalt der gelben Tonne.
Wobei kein Müll immer noch der bessere Müll ist...
Mareike
Liebe Shia, eine sehr schöne Idee mit den Leserbriefen!!
Herzliche Grüße
Mareike
shia
Ja, das gefällt mir auch sehr :)!!