Danke @imagos für das Bild! Los, folgt ihm auf Instagram, er macht richtig coole Städteaufnahmen 😁! © imagos
Wenn wir über Müllvermeidung und Müllreduzierungen sprechen, denken wir meistens an Plastikmüll. Aus gutem Grunde! Plastik richtet nun einmal einen enormen Schaden an. Man stelle sich nur vor - eine Ansammlung an Plastikmüll im Pazifik so groß wie Europa!
Aber weil wir unser Augenmerk immer auf Plastik als Problem richten, sehen wir häufig nicht, dass wir ganz schön viel Papiermüll verursachen. Mir wird sehr häufig gesagt: "Aber das ist doch Papier, das ist doch nicht so schlimm." Wenn es ums Ausdrucken geht, ist es uns meistens klar, dass ganze Wälder dafür abgeholzt werden - ganz häufig auch illegal. Bei Papiertüten, Pappverpackungen und Papiertellern denken wir allerdings nicht dran, vor allem, wenn das Papier dafür auch noch so "schön braun" ist. Aber ja, natürlich, auch die Produktion von Papier verschlingt Energie und auch andere Ressourcen. Wusstest du, dass in nur einem einzigen A4 Blatt ganze 10 Liter Wasser stecken? Es gilt: auch hier ist weniger mehr.
Aber nicht verzagen - ich habe euch hier mal einige Tipps zusammengestellt, mit denen ihr euren Papiermüll drastisch reduzieren könnt! Wir selbst machen das nämlich genau so und haben in den letzten 4,5 Monaten nur 1 kg Papiermüll angesammelt. Und das beste - je weniger Papier bei euch zu Hause reinflattert, umso weniger Zettelwirtschaft und Papierstapel werdet ihr zu Hause haben! Und natürlich verrate ich euch noch, wie wir unsere wirklich wilde Zettelwirtschaft in den Griff bekommen haben.
1. "Bitte keine Werbung"
Es ist so einfach, und dennoch so unglaublich effektiv! Klebt einen "Bitte keine Werbung und auch keine kostenlose Zeitung"-Sticker an den Briefkasten. Damit habt ihr euren Papiermüll schon um bestimmt die Hälfte reduziert!
Adressierte Werbung wird jedoch immer noch ankommen. Die kann man aber mit einem Anruf oder einer eMail abbestellen. Macht das am besten direkt, wenn die Werbung reinflattert. Das dauert nur wenige Minuten und ihr seid das Problem los 💪. Man kann sich auch in die Robinsonliste eintragen. Die Robinsonliste ist eine Schutzliste, die den Verbraucher vor ungewollter Werbung schützt.
Selbst die Broschüren und Mitgliedermagazine deiner Versicherung, deines Telefonanbieter usw. kann man abbestellen. Leider nicht alles. Krankenversicherungen sind beispielsweise gesetzlich verpflichtet, einmal jährlich über die Organspende zu informieren und haben scheinbar kein System, es digital zu machen. Es lohnt sich aber auch da, nachzufragen. Einige sind entweder schon dabei oder überlegen, ob es sich lohnt, mehr und mehr auf digital umzusteigen.
Nachtrag 25.1.2016: Wer nicht auf Prospekte verzichten möchte, kann die Prospekte auch digital bei meinprospekt.de durchblättern und selbst meine Mutter (die bis vor kurzem Rechtsklick auf der Maus nicht kannte) guckt inzwischen lieber im Internet auf den Seiten der Supermärkte nach den Angeboten :P.
2. Stell deine Verträge auf Online-Rechnung um und nutze Online Banking
Fast jede Firme heutzutage bietet elektronische Rechnungen an. Gerade bei Telefonanbietern ist das schon zum Standard geworden. Das spart schließlich sehr viel Porto und damit bares Geld. Frag mal nach, die meisten Firmen stellen einen mit Kusshand darauf um.
Das gleich gilt für viele Banken. Wenn du nicht bereits Online-Banking nutzt, richte dir schnell deinen Account ein und bestelle, wo du dabei bist, auch direkt mal deine Kontoauszüge per Post ab 😉. Über das Online-Banking kann man Kontoauszüge herunterladen und natürlich papierlos überweisen. Meine Bank schickt mir bis auf steuerlich relevante Unterlagen eigentlich gar nichts mehr per Post! Ich bekomme eine eMail, die mich darüber informiert, dass ich Post habe, die ich in ihrem Online-Banking-System abrufen und abspeichern kann. Praktisch und sicher!
3. Lies (oder gucke) Nachrichten online oder hole dir das Online-Abo deiner Zeitung
Ich weiß, vielen Leuten ist die "Haptik" wichtig. Ich persönlich verstehe nicht wirklich, was so toll daran ist, eine Zeitung anzufassen. Ich mochte das noch nie, weil meine Finger von der Druckerschwärze dreckig werden und ich jedes Mal anfange, mich zu fragen, was wohl alles in der Druckerschwärze steckt... Außerdem hab ich sehr trockene Neurodermitis-Haut und das Zeitungspapier trocknet meine Haut nur noch weiter aus.
Wenn du zu den Leuten gehörst, die gerne ihre Zeitung gedruckt lesen - versuch der Option, die digitale Version der Zeitung zu lesen etwas aufgeschlossener gegenüber zu stehen. Inzwischen hat eigentlich jede Zeitung ihre eigene App, über die man die Ausgaben als Abonnent lesen kann. Meistens ist das Online-Abo sogar billiger. Wenn das wirklich nichts für dich ist, lies die Zeitung in der Bücherei oder teile dir zumindest dein Abo mit einem Nachbarn.
Ich lese gerne die Nachrichten vom Handy unterwegs. Früher hatte ich auch diverse Zeitungen abonniert. Egal ob Tageszeitung oder Wochenzeitung, ich kam nie dazu, die ganze Zeitung zu lesen, oder überhaupt jede Ausgabe. Die Zeitungen stapelten sich auch immer ziemlich schnell und ich fühlte mich zunehmend schlechter über den ganzen Papiermüll, den ich offenbar für nichts und wieder nichts verursachte! Ich habe irgendwann alle Abos gekündigt und lese jetzt einfach bei tagesschau.de. Das kann ich auch schnell mal, wenn ich auf meine U-Bahn warte. Eine Zeitung würde ich dafür nicht rauskramen.
4. Lies auch Zeitschriften online
Für Zeitschriften gibt es inzwischen die Readly-App, die so ähnlich wie Spotify funktioniert. Für einen recht günstigen festen Beitrag im Monat hat man Zugriff auf tausende Zeitschriften und sogar auf ausländische Zeitschriften.
5. Nutze die Bücherei oder kaufe eBooks
Wahrscheinlich werde ich gesteinigt für diese Aussage - aber Bücher sind auch eine ganz schöne Umweltbelastung! Aber bevor ihr nun zu den Steinen greift, lest bitte meine Begründung.
Ein Großteil der Bücher wird nicht auf Recycling-Papier gedruckt, das eigentlich bis zu acht Mal noch recycelt werden könnte und wofür natürlich Bäume gefällt werden mussten, mitunter aus fraglichen Quellen, wie es bei Papier übrigens üblich ist. Ebenfalls ein Großteil der gekauften Bücher wird nur einmal (häufig auch gar nicht) gelesen. So traurig ich das finde - das macht sie im Grunde zu Einwegware. Einwegware, die allerdings nach dem Gebrauch nicht wieder dem Recycling oder einer sonstigen Verwertung zugeführt wird, sondern höchstens in Bücherregalen eine dekorative und dämmende Funktion erfüllt. Außerdem erfuhr ich vor kurzem, dass es wohl im Verlagswesen ein offenes Geheimnis ist, dass die Bücher auf der Überfahrt erst gedruckt werden, damit alles ins Meer abgeführt werden kann und nicht aufbereitet werden muss!
Statt ein neues Buch zu kaufen kann man es sich auch in der Bücherei ausleihen. Wenn du allerdings den Autor/ die Autorin unterstützen möchtest, indem du das Buch kaufst, dann kauf dir die eBook-Version. Inzwischen kann man eBooks auf jedem Tablet und sogar jedem Smartphone lesen! Viele glauben das nicht, aber ich lese eBooks am liebsten auf dem Smartphone! Für Magazine und Zeitungen ist aber ein Tablet deutlich angenehmer.
Nachtrag 25.01.2016: Ich wurde über einen Kommentar auf diesen Artikel auf Skoobe hingewiesen, was im Grunde eine eBook-Flatrate ist! Auch wurde mir vor einigen Tagen Kindle unlimited erklärt, was ähnlich funktioniert.
Nachtrag 30.1.2016: Vor Jahren haben wir bei Bookcrossing mitgemacht. Dank Jackie (siehe Kommentar unten) wurden wir wieder daran erinnert! Bei Bookcrossing setzt man Bücher aus und kann natürlich auch ausgesetzte Bücher aufnehmen, die man nach dem Lesen wieder aussetzen kann. Probiert's mal aus, ist echt eine witzige Sache!
Wenn du sehr viel liest, lohnt sich sowieso ein Bibliotheksausweis 😉. Oder du holst dir einen gebrauchten eBook-Reader. Ich kenne einige Leseratten mit Kindles und sie sind damit äußerst zufrieden!
Falls allerdings deine lokale Bücherei das Buch deiner Wahl nicht hat UND es das auch nicht als eBook gibt, hast du immer noch die Option, dir z.B. bei booklooker oder auch ebay-Kleinanzeigen gebrauchte Bücher zu kaufen. Nach dem Lesen kannst du es ja wieder in Umlauf bringen, indem du es weiterverschenkst oder ebenfalls wieder weiterverkaufst 😁.
6. Geh der Zettelwirtschaft mit der "one touch" Methode an den Kragen
Naja, so nennen wir das Vorgehen, ich weiß nicht, ob es dafür eigentlich einen "richtigen" Namen gibt 😁.
Jetzt, wo nur noch sehr wenig Papier es bei dir ins Haus schafft, musst du dich auch weniger damit befassen! Es sammelt sich nicht überall in der Wohnung etwas an, was dann wieder weggeräumt werden muss. Übrig bleiben eigentlich nur Sachen, die auch eine gewisse Wichtigkeit haben. Und das sollte sehr übersichtlich geworden sein.
Ab jetzt heißt es: Nichts mehr anstauen lassen, das zu Hause erfahrungsgemäß hier und da verteilt rumfliegt und zum Teil vergessen wird (z.B. Rechnungen...)!
Wir hatten eine ganz schöne Zettelwirtschaft, die wir auch gut in der ganzen Wohnung verteilt hatten. Häufig haben wir das eine oder andere immer und immer wieder in die Hand genommen, nur um es wieder wegzulegen.
Nachdem ich dann mal eine ganze Woche damit verbrachte, unsere verstreuten Papiere zu sortieren (und weitere drei Wochen, um unsere gesamten Ordner durchzugehen und zu digitalisieren) hatte ich genug. In irgendeinem Zeitmanagement-Buch hatte ich mal gelesen, dass man sich eigentlich nur mehr Arbeit aufhalst, wenn man die Sachen häufiger in die Hand nehmen muss. Eigentlich ganz logisch. Unser neues Motto war also: Alles an Papierkram wird nur noch einmal angefasst und damit direkt abgehakt!
- Termine u.Ä. direkt eintragen (z.B. bei Einladungen, Briefe zur Kenntnisnahme)
- Einscannen/ abfotografieren und entsorgen* (persönliche Karten, Briefe, Briefe vom Mobilfunkanbieter, Vermieter u.Ä.)
- Einscannen und abheften (z.B. Sachen, die man für die Steuererklärung braucht, wichtige Nachweise von Versicherungen)
* Wir werfen die Sachen nicht direkt weg. Die Rückseite von Umschlägen und Briefen benutzen wir als Notizzettel und Schmierpapier und entsorgen das Papier dann erst.
Ich habe unsere digitale Ordnerstruktur in einen gemeinsamen Dropbox-Ordner eingepflegt. Mit einer Scan-App am Handy scannen wir das jeweilige Dokument ab und legen es mit dem Handy direkt in den Dropbox-Ordner ab. Und so ist in gerade mal zwei Minuten ein Brief eingescannt und abgelegt 👍. Da wir eigentlich auch kaum noch Post bekommen und man davon sowieso nicht alles aufbewahren muss, ist das wirklich kein Aufwand.
Oh, und auch wenn die Rechnungen jetzt nicht mehr in Papierform ins Haus flattern - auch diese am besten immer sofort bezahlen. Dann hat man's weg und muss keinen Gedanken mehr daran verschwenden. Und mit dem inzwischen eingerichteten Online-Banking geht das auch ruck-zuck 😉.
7. Behalte nur das, was du wirklich musst (z.B. Steuerunterlagen) oder das, was du auch für den Rest deines Lebens haben möchtest
Postkarten, sonstige Karten, Briefe, Hochzeitseinladungen... Ganz ehrlich, diese Sachen lesen wir, notieren uns ggf. den Termin, und werfen sie dann direkt weg. Unseren Papiermüll sammeln wir nicht grundlos seit Jahren direkt im Eingangsbereich...
Das war mal anders. Früher habe ich all so was aufgehoben. In einer Box, dann einer weiteren, und noch einer weiteren. Irgendwann war auch diese Box voll, und ich war es leid, mit den Boxen immer und immer wieder umzuziehen. Reingeguckt habe ich erst, als ich den Inhalt entsorgen wollte.
Von einigen dieser Sachen mache ich vorher aber ein Erinnerungsfoto. Einige wenige wirklich nette Karten hängen wir vielleicht für eine Zeit auf, aber am Ende landet doch alles im Müll, was ich bei den aufwendigen Karten besonders schade finde - denn die sind durch die hübsche Aufmachung und die Verwendung zu vieler Materialien leider nicht mehr recyclebar...
Frag dich: Ist es etwas, was ich in 25 oder 30 Jahren auch noch haben möchte? Wenn ja - behalte es! Wenn es allerdings etwas ist, das du nicht den Rest deines Lebens besitzen möchtest, bedeutet dass, dass du es früher oder später doch aussortieren wirst. Dann mach das lieber direkt. So kann es dein Zuhause nicht "zumüllen", du musst es nicht irgendwo verwahren und dir auch kein Ordnungssystem dafür überlegen - du musst es schlicht und ergreifend nicht unnütz verwalten.
8. Sprich mit Freunden und Familie darüber, und bitte sie, dir keine Karten u.Ä. zu schicken
Weil es mir aber doch weh tut, diese netten Karten und Briefe wegzuschmeißen, haben wir unsere Freunde und Familie darum gebeten, uns keine Karten mehr zu schreiben. Inzwischen schicken sie uns Fotos oder SMS aus dem Urlaub, was ich auch viel persönlicher finde, weil es zum einen nicht irgendein bezugsloses Foto auf einer Postkarte ist. Ja, und Briefe? Die schreibt heute doch sowieso keiner mehr 😜! Texte mir einfach!
Nitti meint
Moin Shia,
ich lese schon länger deinen Blog und mich hat es ziemlich inspiriert noch mehr für die Umwelt zu tun.
zB. Papierkonsum
So ziemlich alles läuft digital ab, Bankgeschäfte, Versicherungen ( alles läuft über eine APP ),
Steuerunterlagen nahezu papierlos ( da ich beruflich mich selber drüber kümmere ^^).
In unserer Kanzlei wird alles nach und nach digital umgestellt, auch wenn es leider noch sehr viel Papier gibt ( je nach Bereich und Mandant oder auch Tatbestand , Straftat, etc, gibt es zB. eine riesige Flut an Papierakten) , die leider aus Datenschutz oder anderen -gründen noch nicht digitalisiert verschickt werden dürfen.
Kassenbons, Thermopapier... leider im steuerlichen Bereich noch sehr etabliert ( zb. laufende Buchhaltung), auch wenn sich dort in dem Bereich hinsichtlich der Digitalisierung vieles ändert.
Privat allerdings habe ich viele deiner Tipps erfolgreich umsetzen können. Werbung bekomme ich seit zwei Jahren nicht mehr, außer von Plan e.V. Da werde ich mal nachfragen, ob ich die Magazine auch digital empfangen kann.
Wenigstens werden die Magazine gelesen und als Füllmaterial für Pakete weiterverwendet oder als Bastelmaterial. 🙂
Du leistest gute Arbeit.
Weiter so ^^
Ida meint
Mein Partner und ich schreiben uns oft richtige Briefe. Viel schöner als all der neue, unpersönliche Kram. Diese kommen ordentlich abgeheftet ins Regal.
Monica meint
Liebe Shia
Wir in der Schweiz haben zwei Grossverteiler, welche das Land abdecken. Der eine, Coop (mit Do it, Tankstellen, Apotheken ect.) hat kürzlich den digitalen Kassenzettel eingeführt. In sämtlichen Coop-Geschäften erhalte ich damit kein Papier mehr, sondern umgehend meinen Einkauf mit Preisen, Aktionen und Sammelpunkten auf's Handy gesendet. Ich hoffe sehr, dass weitere Verteiler folgen. Dass es prima funktioniert hat Coop bewiesen.
Lieber Gruss
Monica
Nico meint
Hallo!
Schön zu sehen, dass Du neben der Kolumne auf Funkhaus Europa auch einen eigenen Blog hast!
Eine Frage habe ich zu den Angaben: Wie viel Wasser verbraucht denn nun die Papierproduktion wirklich? Die Quellenangaben im Internet differieren schon enorm (mehr als 2 Größenordnungen).
Ich werde hier einige Quellen angeben - welche hast Du benutzt?
1. Sabine Rosenbrock: 'Papier', http://www.greenpeace-aachen.de/wald/papier.php, 2012.
2. T. Hillenbrand, C. Sartorius, T. Walz: 'Technische Trends der industriellen Wassernutzung', Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, Karlsruhe 2008
3. Wikipedia-Eintrag, https://de.wikipedia.org/wiki/Papier#Umweltaspekte_und_Recycling, Verfassungsdatum nicht ersichtlich.
Hier noch einmal die extrahierten Daten (Wasserverbrauch / kg Papier)
1. a 52 l/kg (Frischfaserpapier)
1.b 20,4 l/kg (Recyclingpapier)
2. 9,6 l/kg (Mittelwert dt Papierindustrie)
3. a 7 l/kg (heutiger Produktionsstandard, Methode und Produkt nicht spezifiziert)
3.b 1.200 l/kg (Maximalwert, erste Papiermühlen um ca. 1282)
Bei Dir sind es umgerechnet: 1.400 l/kg (Frischfaserpapier, Büroqualität)
Bitte sieh nach, wo etwas schief gegangen ist - habe ich schlecht recherchiert, d.h. die Quellen ausgewertet? Ist Dir vielleicht ein Zahlendreher passiert?
Viele Grüße
Nico
shia meint
Hi Nico,
erst Mal wird es nicht "die" Papierproduktion geben, das wird schwanken, auch je nach Studie und wie und wo sie ihre Daten erheben. Und wenn sich das in der Zwischenzeit geändert hat, freue ich mich und hoffe, dass das für alle Papiere auf dem deutschen Markt gilt und nicht nur für die, die "in Deutschland" produziert wurden.
10 Liter pro A4-Blatt
http://waterfootprint.org/media/downloads/Report46-WaterFootprintPaper_1.pdf -> Bei der Zeitung hatte ich bei einem Freund einige gewogen und mit einer einfachen Dreisatzrechnung hochgerechnet, aber in der Tat nicht beachtet, dass da wahrscheinlich ein Teil aus recyceltem Papier besteht. Also können wir die Menge nach der Studie auf 5-7 Badewannen (berechnet mit einem durchschnittlichen Fassvermögen von 160 Litern) halbieren, wenn wir 5 Liter ansetzen.
Illegale Rodung – Zertifizierungen
Das Problem mit der illegalen Rodung ist im Grunde wie beim Kaffee: Die Händler hier kaufen bei Händlern ein, die wiederum den Kaffee von verschiedenen Plantagen beziehen. Welche das genau sind und ob da Kinderarbeit stattfindet, tja, das weiß man halt nicht so genau (bzw. will man auch gar nicht so genau wissen). Der Zwischenhändler sagt “Nein, bei unseren Plantagen gibt es keine Kinderarbeit” und der deutsche Händler ist zufrieden und prüft das auch nicht nach. Ähnlich schwierig ist auch das Nachvollziehen der Herkunft auch bei z.B. Baumwolle bei Kleidung, was gerade im Fairtrade-Bereich ein anerkanntes Problem ist. Aber das nur so am Rande.
Und du ahnst es – Papierfabriken kaufen natürlich ihren ihren Rohstoff an.
Aber schauen wir erst mal auf das “gute” Papier, nämlich das mit einer Zertifizierung. Wenn da der Blaue Engel drauf ist, ist alles gut, denn das Papier wurde aus 100% Altpapier produziert. FSC-Recycling ist auch gut, das Papier besteht aus wiederverwendetem Holz und Altpapier.
Dann gibt es das FSC-Mix Zertifikat. Für ein FSC-Mix-Zertifikat muss “mindestens 70% des in der Produktion verwendeten Materials ist FSC-zertifiziert und/oder recycelt [sein].” Das bedeutet, dass bis zu 30% trotzdem aus allerlei sonstigen Quellen stammen darf. Und FSC-zertifiziertes Papier ist nicht einmal der Standard!
Dann gibt es “Controlled Wood” für den B2B Bereich, das u.a. auch illegal geschlagenes Holz ausschließt. Dafür gibt es aber kein Label. Ob alle Papierfabriken, von denen es Papier auf dem deutschen Markt gibt das machen, ist eher fraglich.
(Mehr dazu: http://www.wwf.de/fileadmin/user_upload/PDF/WWF_Papiereinkauf_Leitfaden.pdf)
Der WWF empfiehlt in seinem Leitfaden für den Papiereinkauf (http://www.wwf.de/fileadmin/user_upload/PDF/WWF_Papiereinkauf_Leitfaden.pdf): "Wenn Sie kein Recyclingpapier oder Papier mit FSCFrischfasern finden können, wird es komplizierter. Sie sollten in diesem Fall zumindest gewährleisten, dass Ihre Papierhersteller sicherstellen, dass sie keine Fasern aus Abholzungspraktiken verwerten, die illegal sind oder durch die Wälder mit hohem Naturschutzwert zerstört werden, bei denen natürliche Wälder durch Plantagen ersetzt werden, oder bei denen traditionelle oder Gewohnheitsrechte verletzt werden. Dies ist in der Praxis sehr schwierig, da das Holz vom Einschlag bis zu den Toren der Papiermühlen lückenlos überwacht werden muss.” Und äh, ja, das passiert nicht. Der Verband der deutschen Papierfabriken selbst fordert: “Forderungen der Papierindustrie für den Industriestandort Deutschland:
Einführung freiwilliger Selbstverpflichtungen zum Einsatz legal eingeschlagenen Holzes (Umsetzung des Code of Conduct).” Wenn das noch gefordert werden muss bedeutet das leider, dass es momentan noch nicht der Fall ist :P. So viel zum “Controlled Wood”.
Illegale Rodung – Holzimporte allgemein
Sooo, und nun zu den Zahlen zu den Holzimporten, aus denen natürlich auch Zellstoff hergestellt werden (http://www.wwf.de/fileadmin/user_upload/PDF/WWF_Holzimporte_April2008.pdf, S. 29ff):
“4.2.1 Import von Zellstoff und Papier
19 % der Zellstoff- und Papierimporte stammen aus Schweden, weitere 15 % aus Finnland. Von den 10 wichtigsten Ländern, aus denen 80 % der Zellstoffund Papierimporte stammen, ist Brasilien das einzige nichteuropäische Land (Abbildung 4). Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass der brasilianische Zellstoff von Plantagen stammt und legalen Ursprungs ist. Schweden und Finnland allerdings decken einen erheblichen Teil des Holzbedarfs für die Zellstoff- und Papierherstellung durch Importe aus Nordwestrussland und den baltischen Staaten, wo illegaler Holzeinschlag verbreitet ist.”
“Der Anteil des illegalen Holzeinschlags an der globalen Holzproduktion wird auf 20 bis 40 Prozent geschätzt [...]. Illegaler Holzeinschlag drückt durch seine Billigangebote (ermöglicht zum Beispiel durch nicht gezahlte Steuern und verhinderte Abgaben, indem die Hölzer als minderwertig deklariert werden) den Holzpreis weltweit um schätzungsweise sieben bis 16 Prozent.” (http://www.wwf.de/themen-projekte/waelder/waldvernichtung/illegaler-holzeinschlag/)
Illegale Rodung – Holzimporte Papier
In der Tat ist der Anteil in der EU allerdings niedriger, nämlich bei 16-19% “Der Anteil des illegalen Holzes am gesamten Import von Produkten auf der Basis von Holz in die Europäische Union liegt somit zwischen 16 % und 19 %.” Und bei Papier ist der Anteil tatsächlich auch geringer, allerdings in der Gesamtmenge dennoch sehr bedenklich: "Der illegale Anteil ist bei Zellstoff und Papier mit je einem Prozent sehr gering, in absoluten Zahlen jedoch ist die illegale Holzmenge erheblich, aus der die importierten Zellstoff- und Papierprodukte hergestellt wurden (Abbildung 17). In Form von Papier kommt die fünftgrößte Menge an illegalem Holz in die EU, 2,6 Millionen m³.” (http://www.wwf.de/fileadmin/user_upload/PDF/WWF_Holzimporte_April2008.pdf, S. 39ff)
Ich finde gerade nicht mehr die 20-40% bei spezifisch Cellulose, bzw. finde gerade nicht, wo ich mir das notiert hatte. Was dich vielleicht noch interessiert: Der Verband der deutschen Papierfabriken gibt selbst an “Die Zellstoff- und Papierindustrie zählt zu den energieintensiven Grundstoffindustrien in Deutschland“. Aber sie wollen ja was dagegen machen. Hier ist die Quelle zum Zitat vom Verband: http://www.vdp-online.de/de/papierindustrie/positionen.html -> PDF “Energie”
Liebe Grüße,
Shia
Nico meint
Hallo Sia,
vielen Dank für die sehr ausführliche Antwort. Ich denke, mein Unverständnis lag daran, dass ich unter Papierproduktion nur den Prozesschritt verstanden habe, der vom schon vorhandenen Rohstoff Holz ausgeht.
Ich habe eben erst angefangen, [Oel, Hoekstra 2010] zu lesen. Was ich aber sagen kann, dass damit Deine Werte besser getroffen werden. Mit einem durchschnittlichen Quotienten (m Wasser : m Papier) von 600 komme ich dann auch auf 3 liter/A4 (80g/qm). Plädoyer gegen das Papierwiegen, was Du ansprichst 😉 -> Ein Blatt des Formats DIN An hat die Fläche 2^-n m^2. (1m^2 für DIN A0, 0.5m^2 für DIN A1, ...)
Die illegalen Rodungen sind überdies natürlich ein viel nachhaltiger wirkenderes und von den Größenordnungen uneinschätzbares Problem, wenn dann Bodenerosion und Änderung der Grundwasserströme/Lokales Klima abgeschätzt werden müssten. (Ich denke, bis diese komplexen Systeme verlässlich modelliert werden können, dauert es noch ein paar Jahre.)
Das meintest Du ja schon im Artikel mit 'und auch andere Ressourcen'.
Die Robnsonliste hört sich ja genial an! Die werde ich ausprobieren...und gleich mal im näheren Kreis bekannt machen.
Was die Werbungsvermeidung unadressierter W. betrifft: Man kann Leute sehr einfach zu diesen Aufklebern 'überreden', der Aufwand für sie muss nur minimal sein. Wenn man gleich mehrere Leute überreden will, kann man sich Zeit und Nerven sparen: Einmal einen selbstklebenden Bogen A4 kaufen, und dort viele Aufkleber 'BITTE KEINE WERBUNG! - Danke' aufdrucken. Im Hausflur aufhängen oder gleich in die Briefkästen werfen und freuen, dass einige angeklebt werden.
Ute Storch meint
Hi Shia, ich lese deinen Blog mit Vergnügen und es ist noch nicht lange her, dass ich gar kein Handy hatte. Du siehst ich bin noch von der älteren Generation. Ich bin in meiner Jugend auf dem Land mit vielem aufgewachsen was ihr als Jugend heute wieder entdeckt. Wir hatten zum Beispiel für viele Haushalte zusammen ein grosses Gefrierfach u.a. Vieles lief über persönliche Kontakte, so auch Geldangelegenheiten. Ich möchte kein Onlinebanking machen, ich möchte die Menschen weiterhin in meiner Bank und meinem kleinen Buchladen vor Ort behalten. Ich möchte nicht alles über Computers und Handy regeln, nicht bei Amazon einkaufen...sonst rationalisieren wir uns alle weg. Ich weiß nicht, ob ich zu altmodisch bin. Danke für all die tollen Tipps. Ute
shia meint
Hi Ute,
du, jedem das Seine. Mir ist es nur wichtig, dass man versucht, sich zu informieren, weil es es sehr traurig finde, wie viel Schaden wir durch komplett unbedachten Konsum anrichten. Wir denken selten darüber nach, was ein schnell gekaufter Kaffee, das Oberteil, das man trägt oder Gebrauchsgegenstände für (für uns) unsichtbaren Schaden anrichten. Und wenn man selbst der Meinung ist, man braucht das im Leben nicht – warum also den Schaden in Kauf nehmen? Informiert sein hilft, bewusstere Entscheidungen zu treffen, und darauf kommt es für mich an. Ich persönlich finde es lästig, meine Bankgeschäfte zu den Öffnungszeiten in der Filiale erledigen zu müssen und ich brauche meine Kontoauszüge auch nicht auf dem Papier. Warum also dann das Papier in Kauf nehmen? Bei Amazon möchte ich aber deshalb auch nicht einkaufen ;). Auch "Technologie" sollte man wie ich finde bewusst einsetzen, denn die werden unter enormen Ressourcenaufwand produziert und verbrauchen Strom und außerdem vergisst man schnell die Server, die auch irgendwo stehen und Ressourcen verschlingen. Mein Plädoyer also immer: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Und jeder so, wie es am besten in den eigenen Alltag passt.
Liebe Grüße,
Shia
Sara meint
Huhu, Shia!
Einen tollen Blog hast du hier. Lustigerweise wurde ich durch ein Bremer Prospekt auf dich aufmerksam 😉
Postkarten bekommen wir gerne! Entweder sammeln wir sie und machen da eine Collage draus, oder wir kleben sie direkt auf unseren einmaligen Wohnzimmertisch. Der war von Ikea, ist nun aber komplett von uns beklebt worden (Kinotickets, Postkarten, Eintrittskarten..) vll wäre diese Art von Verwertung auch eine Alternative für dich?
Aus alten Briefen mache ich gerne Körbe, nachdem ich ein Video dazu gesehen habe. Die benutze ich dann für unseren Vorratsschrank.
Lg,
Sara
shia meint
Hi Sara,
danke für den Tipp :). Ist eine schöne Idee! Für mich persönlich vielleicht nicht ganz so etwas, ich habe es einfach gerne optisch etwas ruhiger in der Wohnung, bin nämlich selbst so hibbelig und brauche einfach zu Hause einen Gegenpol :D. Mir persönlich geht es ja auch immer um die Müllvermeidung, damit Ressourcen geschont werden, weil diese Erde einfach nicht so schnell welche "nachliefern" kann, wie wir alle konsumieren. Und da mir persönlich ohne Postkarten und handschriftlichen Briefen (die ich auch vor Zero Waste kaum noch bekam) nichts wirklich fehlt, tue ich selbst damit gerne was für die Umwelt. Dafür fällt es mir halt an anderen Stellen schwer, aber so sind wir halt alle verschieden, was auch das Schöne am Leben ist 🙂 <3.
Liebe Grüße,
Shia
Monika Fuchs meint
Hi, auch wenn ich sehr daran interessiert bin, die Umwelt vor allem durch "Nicht-Verwenden" zu schonen, freue ich mich dennoch sehr über Postkarten und persönliche Briefe. Schade, dass du dafür plädierst, sie direkt in den Papermüll zu befördern, denn es steckt, vor allem in den Briefen, viel Mühe und oft auch Herzblut. Letztendlich empfinde ich diese Form der Kommunikation als viel persönlicher als eine SMS oder Ähnliches.
Nichts für ungut.
Viele Grüße
Monika
shia meint
Hi Monika,
ich freue mich total, wenn unsere Freunde ihr Herzblut und Mühen uns gegenüber in andere Sachen stecken ^^. Ich freue mir immer n Ast, wenn sie mir von ihren Erfolgserlebnissen erzählen, wenn sie z.B. das Gemüse lose aufs Band gelegt haben oder etwas in unverpackt entdeckt haben und dann an mich denken und mir ein Foto davon schicken oder mir das per Mail schreiben. Ich persönlich denke nicht, dass es Herzblut und Mühen in Papierform sein muss. Und es rührt mich besonders, wenn unsere Freunde und Familie bei uns daran denken und übrigens ziemlich kreativ werden, um uns anders eine Freude zu machen – z.B. für uns kochen oder backen, oder Zeit zusammen verbringen :). Ach, es gibt so viel mehr Möglichkeiten, jemanden eine Freude zu machen ;)!
Liebe Grüße,
Shia
Anne meint
Hi ihr Lieben,
einen Ergänzungsvorschlag hab ich auch noch zum Thema eBooks - sehr viele öffentliche Bibliotheken bieten mittlerweile auch eine eBook-Ausleihe an: http://www.onleihe.net/ihre-onleihe-finden.html (bzw. direkt auf der Website der jeweiligen Bibliothek).
Toll, da ohne Wege von zuhause aus und jederzeit benutzbar! Selbst wenn man keine Bibliothek vor Ort hat oder diese keine Onleihe anbietet kann man sich häufig auch einfach in einer anderen Stadt anmelden und deren Angebot nutzen - das Gebäude muss man ja sowieso nicht betreten dazu ; )
Viele Grüße,
Anne
shia meint
Hi Anne,
ohhh, siehste mal, das wusste ich gar nicht! Finde ich sehr sehr cool! Vor allem für so faule Menschen wie, äh, ich einer bin XD!!
Danke für den Tipp, werde hier auch mal fragen!
Liebe Grüße,
Shia
Carola meint
Liebe Shia,
danke für den Post! Über das Bücherproblem habe ich auch schon nachgedacht. Allerdings haben wir keinen Ebookreader und auch kein Tablet mehr dafür - das iPad 1 hat irgendein Softwareupdate nicht verkraftet. Jetzt frage ich mich natürlich, ob es wirklich ökologischer ist, auf das Papier zu verzichten, dafür aber diese Geräte anzuschaffen. Hast du da zufällig Zahlen zu? (Ich besorge mir gern Bücher und Zeitschriften von tauschticket.de, aber da muss man das Gesuchte auch erst mal finden.)
Liebe Grüße
Carola
shia meint
Hi Carola,
eBooks kann man auch auf Smartphones und Desktops lesen - denn ich habe noch nie einen eBook Reader noch ein iPad besessen ;). Das iPad auf dem Bild gehört meinem Mann und ich benutze es auch nie.
Geräte kannst du dir auch secondhand anschaffen, damit dafür keine neue Ressourcen verwendet werden müssen. Oder einfach Bücher aus der Bücherei oder von Freunden ausleihen :). Es gibt ja gerade bei Büchern zum Glück viele Alternativen - Bücherregale zum Bedienen in Cafés offenbar Stadtteilen, Flohmärkte, Bookcrossing, 2ndhand im Internet... Ich denke, die Anschaffung eines Neugerätes für nur den einen Zweck ist da eigentlich gar nicht nötig :).
Liebe Grüße,
Shia