Womit kann ich meine eigenen vier Wände umweltfreundlicher streichen? Müssen Baustoffe immer neu sein? Und wie komme ich an nachhaltigere Möbel? In Folge 2 der WDR Doku-Reihe Shia Su for Future durfte ich als Reporterin diesen Fragen nachgehen und wieder einmal tolle Menschen treffen und von ihnen lernen!
Letzte Woche durfte ich euch endlich verraten, dass ich beim WDR als Reporterin im Einsatz war – für mich etwas ganz Neues und Aufregendes!
In Folge 1 ging es um die Frage "Was wollen wir essen?" – eine echte Herausforderung für mich als Veganerin. Denn wir waren beim Hofkollektiv, einem Solawi-Hof mit Tierhaltung, die auch noch zu unseren Dreharbeiten das erste Mal auf dem Hof geschlachtet haben... Außerdem hat mich die Fairteilbar in Münster beim Lebensmittel retten unter ihre Fittiche gekommen. Wir waren auf dem Feld nachernten und sie haben mir gezeigt, mit welchen kleinen Tricks sie Ihren Kund:innen die geretteten Leben schmackhaft machen...
Hier auf meinem Blog möchte ich euch auch von den Dingen erzählen, die es inhaltlich nicht in die 30-Minuten-Folgen geschafft haben!
Hinter den Kulissen der Folgen
Inhaltsverzeichnis:
Nachhaltige Architekten Wibke und Moritz von Studio W
In Folge 2 gehe ich der Frage nach: "Wie wollen wir wohnen?" Für mich gerade besonders interessant, weil mein Partner Hanno und ich erst im Juni von Köln nach Düsseldorf umgezogen sind. Noch hat uns zumindest niemand deshalb die Freundschaft gekündigt 😉. Wir sind in Düsseldorf in eine renovierte Wohnung eingezogen und unsere Kölner Wohnung hat unsere Nachmieterin gestrichen.
Wir waren sehr froh, dass uns der Aufwand erspart blieb, weil wir beide in der Zeit auch ziemlich eingespannt waren und uns ein doppeltes Renovieren definitiv überfordert hätte. Allerdings blieb das Gefühl, dass es ökologisch sicherlich besser gewesen wäre, hätten wir renoviert, weil wir uns natürlich um eine umweltfreundlichere Umsetzung bemüht hätten...
Wie die allerdings ausgesehen hätte – schwer zu sagen. Ich hatte angefangen, mich da etwas einzulesen, aber noch sehr viele Fragen offen. Deswegen war es besonders cool, dass ich die Fachfrau Wibke zu Rate ziehen durfte!
Von Holzweichfaser-Dämmplatten statt Mineralwolle bis Spritzkork statt Bauschaum – für alle gängigen Baustoffe gibt es nachhaltigere Alternativen, lerne ich von Wibke. Vieles davon ist in der Anschaffung erst einmal teurer – aber auch langlebiger. Mit der Zeit rechnet sich das dann wieder.
Silikatfarben – ökologische Wandfarben für Innenräume
Mich interessieren aber natürlich die Wandfarben brennend, denn das sind die Renovierungsarbeiten, die wir Mieter:innen natürlich am häufigsten durchführen. Bei meinen Recherchen fand ich es aber oft ziemlich unübersichtlich, was sich jetzt für welche Innen- und was ausschließlich für Außenbereiche eignet.
Wir begleiten Wibke zu ihrem Beratungsgespräch bei Freundin Bina. Bina möchte das alte Kinderzimmer ihrer Tochter zu einem Gästezimmer umgestalten. Dafür möchte sie den Wändern Farbe verleihen.
Wibke bringt Farbkarten mit und ich lasse mir auch bei der Chance erklären, welche Farben Wibke verwendet. Es sind Silikatfarben, die anders als konventionelle Farben keine Kunststoffe enthalten. Kunststoffe werden Wandfarbe zugegeben, damit die Farben sich leichter beim Streichen verteilen lassen.
Mit etwas mehr Geduld beim Streichen klappt's aber auch so. Und das beste an der Silikatfarbe ist, dass die Farbe weder ausbleicht noch vergilbt. Der einzge Grund, neu streichen zu müssen, ist, wenn Flecken an die Wand kommen. Aber weil die Farbe ihren Ton behält, muss man auch gar nicht die ganze Wand neu streichen, sondern kann punktuell ausbessern.
Auch hier holt man sich die Mehrkosten der Farbe über die Zeit gerechnet wieder herein.
Tiny Houses – kleine Häuschen für Sponge Cities
Wibkes Mann Moritz – einigen von euch vielleicht als Momo Sperling aus der Serie Lindenstraße bekannt 😉 – baut Tiny Houses. Eines davon ist das Wiesenhaus bei den Poller Wiesen in Köln direkt am Rhein, an dem ich auf meiner Fahhrad-Runde immer vorbei gefahren bin! Bilder davon könnt ihr euch hier anschauen.
Moritz und ich waren uns beide einig, dass Tiny Houses nicht per se nachhaltig sind. Am Ende kommt es nämlich auf die gesetzliche Rahmengebung, die Nutzung und auch die Stellfläche an.
Richtig eingesetzt, können sie aber Städte nachträglich verdichten, ohne Bodenfläche zu versiegeln. Das setzt allerdings voraus, dass gesetzlich nachgebessert wird. Man müsste Tiny Houses auf Flächen, die sonst nicht als Wohnraum genutzt werden können, stellen. Vorstellbar sind Flachdächer, Grünflächen oder sogar Verkehrsinseln. Da die meisten Tiny Houses auf Anhängern stehen, versiegeln sie den Boden darunter nicht und Regen kann so weiterhin in den Boden versickern.
Das ist gerade mit dem Klimawandel wichtig, denn Starkregen-Ereignisse werden definitiv häufiger auftreten. Dabei könnten Tiny Houses helfen, dem Konzept der Sponge City, der Schwammstadt, näher zu kommen.
Die Idee dahinter ist einfach: Unsere Städte müssen wie Schwämme werden, die Wasser in z.B. während Starkregenereignisse aufsaugen und während Trockenperioden wieder abgeben können. Das wirkt nicht nur Überflutungen entgegen, sondern kühlt die Stadt auch während Hitzesommer ab.
Essentiell für eine Schwammstadt sind unversiegelte Flächen, wo auch große Mengen Regenwasser besser versickern können und Begrünung, die das Stadtklima verbessert.
Martin baut und handelt mit alten Baustoffen – die Alte Ziegelei in Lemgo
Tiny Houses baut auch Martin in der Alten Ziegelei in Lemgo. Aber ganz andere als Moritz. Martin hat sich auf die Wiederverwendung von alten Baustoffen spezialisiert.
Auf dem Geländer der alten Ziegelei ist es wie ein großer Abenteuerspielplatz. Überall liegen alte Fachwerkbalken, Fenster oder Ziersteine herum. Auf dem Dach des alten Ringofens, worin früher die Ziegel gebrannt wurden, weiden Martins Ziegen. Unten gucken mich seine zwei Schweine Nina und Kaya neugierig an.
Dazwischen stehen auch vereinzelt ein paar Tiny Houses, die aussehen, wie alte Fachwerkhäuschen, aber in ein paar Nummer zu klein. Ich habe übrigens die Nacht zwischen den zwei Drehtagen in einem der Mini-Fachwerkhäuschen übernachtet und geschlafen wie ein Stein.
Auf dem Gelände steht auch ein halb fertiges Tiny House, woran Martin und sein Team gerade bauen. Dieses Tiny House steht aber nicht wie die von Moritz auf Anhängern. Martin setzt es aus alten Fachwerkbalken neu zusammen.
Früher waren Immobilien eigentlich Mobilien, erklärt mir Martin. So konnte man das ganze Haus bei etwa Naturkatastrophen einfach abbauen und woanders wieder aufbauen. Fachwerk sei im Grunde eine Art Stecksystem, und bei guter Pflege über Jahrhunderte wiederverwendbar.
Zu kurz gedacht...
Ein Kunde von Martin, der selbst in einem Fachwerkhaus wohnt, erzählt mir auch, dass neues Holz für ihn gar nicht in Frage kommt, weil es sich noch verzieht. Diese Probleme gebe es mit dem alten Holz nicht.
Mir wird bei Martin so zwischen all der alten und einfach nur total schönen Bausubstanz klar, dass wir kollektiv gedanklich irgendwo ganz falsch abgebogen sind in den letzten paar Jahrzehnten.
Wibkes Aussage: "Ich denke als Architektin in Jahrhunderten. Ich denke nicht in 20 oder 30 oder 40 Jahren..." hallt bei mir ebenfalls nach. Wie absurd ist es, dass wir selbst Bausubstanz wie Wegwerfware behandeln?
Sowohl Martin als auch Wibke haben ein großes Herz fürs Denkmal – und betonen, wie früher im Bau vieles richtig gemacht wurde. Es gab also Lösungen, wir haben sie nur verlernt...
Möbel-Experiment in Bochum
Außerdem machen wir in der Folge ein Experiment. Wir bauen in der Bochumer Innenstadt (Bochum hab ich mir natürlich gewünscht – auch wenn ich da nicht mehr lebe bleibt Bochum meine Lieblingsstadt!!!) ein kleines Wohnzimmer aus und lassen Passant:innen rätseln, was wohl nachhaltig ist und was nicht.
Wie kann ich mich auch bei kleinem Geldbeutel nachhaltig einrichten? Auf welche Siegel kann ich achten – und wie gut sind sie?
Könnt ihr erraten, was ich da für Tipps habe 😉? Ihr könnt die Folge – und auch die anderen zwei – hier in der ARD-Mediathek sehen.
Schreibt mir gerne unten in die Kommentare, welche Fragen ihr noch habt und was euch auch an so einer Fernsehproduktion interessiert!
Alle Sendetermine
Folge 1 "Was wollen wir essen?"
- Hier geht's zum Beitrag in der Mediathek
- Fr. 15.10.2021 18:15 Uhr, WDR Fernsehen
- Sa. 16.10.2021 16:00 Uhr, WDR Fernsehen
Folge 2 "Wie wollen wir wohnen?"
- Hier geht's zum Beitrag in der Mediathek
- Fr. 22.10.2021 18:15 Uhr, WDR Fernsehen
- Sa. 23.10.2021 12:00 Uhr, WDR Fernsehen
- So. 24.10.2021 5:30 Uhr, WDR Fernsehen
- Fr. 05.11.2021 1:50 Uhr, tagesschau24
- Sa. 06.11.2021 18:30 Uhr, tagesschau24
Folge 3 "Was wir wegwerfen"
- Hier geht's zum Beitrag in der Mediathek
- Fr. 29.10.2021 18:15 Uhr, WDR Fernsehen
- Sa. 30.10.2021 12:00 Uhr, WDR Fernsehen
- Fr. 12.11.2021 1:50 Uhr, tagesschau24
- Sa. 13.11.2021 18:30 Uhr, tagesschau24
Anne
Hi Shia,
Danke, ich bin gespannt drauf mir die Folge anzusehen! Wir haben auch kürzlich renoviert und festgestellt, dass man ökologische Baustoffe nicht in Kleinmengen bekommt und leider nur die Standardmaterialen zur Verfügung standen. z.B. Wanddämmung. Außerdem gibt's kaum Handwerker die sie verarbeiten (wollen). Oft sind die ökologischeren Materialen auch arbeitsintensiver und brauchen viel längere Trocknungszeiten und mehr Know-How.
Wir haben die neu eingezogene Wand mit Silikatfarbe gestrichen. Bisher haben wir einmal ausgebessert und man sieht die Stelle deutlich wenn das Licht seitlich vom Fenster auf die Wand fällt. Die Farbe besteht aus natürlichen Pigmenten, so dass sie, wenn einmal der Eimer verbraucht ist, nicht mehr 1 zu 1 nachgemischt werden kann. Halten tut sie auch "nur" auf mineralischen Untergründen. Aber ich finde die Farbe changiert mehr im Lichteinfall, sieht lebendiger aus und ist total schön - nur eben nicht soo praktisch. Das ganze Haus hätten wir damit nicht gestrichen (abgesehen davon dass die Wände eben schon überall mit Dispersionsfarbe gestrichen waren und daher nichts anderes mehr hält).
Im Keller haben wir wieder Leimfarbe verwendet. Hat gut geklappt, ist günstig und ökologisch (aber nicht wasserfest)
Viele Grüße, ~Anne
shia
Hi Anne!
Vielen lieben Dank, dass du hier deine Erfahrungen teilst! Ja, dass die Farben je nach Lichteinfall anders aussehen, hatte Wibke auch erzählt und konnte ich selbst sogar im renovierten Zimmer sehen, hat's aber glaube ich nicht in den Film geschafft. Ich fand auch, dass das echt cool war.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es schwer ist, kleine Mengen und auch Handwerker:innen zu bekommen, die damit umgehen können... Ich stelle sehr oft fest, dass oftmals Kompetenzen fehlen, weil die ökologischeren Optionen leider die Ausnahme sind.
Kenne ich leider selber, dass das oft selbst bei besten Intentionen oft nicht so einfach ist...
Ich hoffe, dass es sich bald gesellschaftlich und ökonomisch ändert – es kann ja nicht sein, dass fast überall die schädlichen Optionen immer der Standard und die nachhaltigeren Optionen die Ausnahme sind. Wenn mehr Menschen wie du nach ökologischeren Materialien fragen, wird sich das auch ändern!! Ich glaube ja daran, dass es irgendwann mal kippt ;). Danke, dass du ein Teil der Lösung bist!
Liebe Grüße,
Shia
Carolin
Hallo Shia,
wir streichen seit Jahren nur noch mit Silikatfarben, da wir in einem Fachwerkhaus wohnen und dadurch auch die Atmungsaktivität der Lehmwände erhalten bleibt.
Wir haben festgestellt, dass die Farbreste auch noch nach Jahren zum ausbessern von Flecken benutzt werden können ohne dass es hinterher auffällt. Auch das Streichen an sich ist nicht anders als mit Kunststofffarben.
Für uns hatte diese „Umstellung“ nur positive Effekte!
Liebe Grüße
Carolin
shia
Hi Carolin!
Vielen lieben Dank, dass du deine Erfahrungen mit uns teilst ! Sieh an, in der Praxis scheinen die Kunststoffe in konventionellen Farben beim Streichen in der Praxis wohl doch nicht so viel auszumachen! Gut zu wissen!
Und genau, das mit dem punktuellen Ausbessern hatte mir auch die Wibke erklärt (das hat's nur leider nicht in den Film geschafft). Und genau das spart ja langfristig wieder Geld und schont die Umwelt!!
Liebe Grüße,
Shia