Frisches Obst und Gemüse fast ausschließlich regional und saisonal einzukaufen geht in den warmen Monaten ja noch ganz gut. Aber im Winter wird's schon deutlich schwieriger.
Es ist in Deutschland kein leichtes Unterfangen. In den Geschäften und selbst auf den Wochenmärkten gibt es hauptsächlich Importiertes – und das selbst in den Monaten, wo hier reichlich geerntet wird!
Als Hanno und ich damals umstiegen, kannten wir uns sogar nicht damit aus, was wann wo wächst. Es war nicht einfach, wie ihr auch in unserem Erfahrungsbericht lesen könnt.
Inhaltsverzeichnis:
🛒 Wie und wo bekommt man überhaupt regionales und saisonales Obst und Gemüse?
Die beste Adresse ist trotz aller Importware der Wochenmarkt. Da kann man immer an den Ständen gut fragen, welche Lebensmittel vom eigenen Hof stammen. Auf dem Land gibt es auch kleine Hofläden. Im Idealfall liegt der Nächste auf dem Weg von der Arbeit nach Hause oder bei einer Freundin um die Ecke. Dann kann man da einfach einen kleinen Zwischenstopp einlegen. Außerdem beziehen kleine, inhabergeführte Bioläden gerne Obst und Gemüse von Höfen aus der Region.
Dann gibt es natürlich noch die Bio-Gemüsekisten. Die kann man sich einmal die Woche nach Hause liefern lassen. Viele Anbieter bemühen sich, immer so viele Lebensmittel wie möglich aus der Region zu beziehen.
Außerdem gibt es noch die Möglichkeit, Mitglied eines sogenannten CSA-Hofes zu werden. CSA steht für „Community Supported Agriculture“, also eine „gemeinschaftlich getragene Landwirtschaft“. Auf Deutsch nennt sich das „solidarische Landwirtschaft“, kurz "Solawi". Man wird Mitglied eines Hofes und zahl einen regelmäßigen Mitgliedsbeitrag und bekommt dafür wöchentlich Ernte-Erzeugnisse vom Hof. Höfe in der Nähe kann man auf solidarische-landwirtschaft.org finden.
Als wir in Köln gelebt haben, waren wir Mitglieder der Solawi Gemüsekoop. Der Hof lag nur 8km von unserer Wohnung in der Kölner Innenstadt entfernt – regionaler geht's nur noch aus dem eigenen Garten! Wir hatten auch den großen Anteil, was bedeutete, dass wir uns fast kaum etwas dazu kaufen mussten, außer im Winter, wo weniger geerntet wird. Unsere Solawi lagert beispielsweise auch Gemüse komplett stromfrei in Erdmieten (also im Boden verbuddelt) ein!
🍫 Was ist mit Kaffee, Schokolade oder Reis?
Ja, da wird es in der Tat schwieriger. Natürlich gibt es auch keine regional angebauten Bananen, Kiwis oder Ananas, weil diese Früchte in unserem Klima nicht wachsen.
Besonders beliebt, aber auch besonders umweltschädlich sind ja Avocados. Da vergessen wir gerne, wie dekadent der Genuss eigentlich ist. Avocados sind ganz schwierig im Anbau, müssen gekühlt werden und können nur unter einer bestimmten künstlichen Atmosphäre mit viel Polstermaterial, also zukünftigem Müll, transportiert werden. In nur zweieinhalb Avocados stecken ganze 1.000 Liter Wasser. Für die gleiche Menge an regionalen Kartoffeln sind nur 120 Liter und bei Tomaten sogar nur 35 Liter Wasser notwendig.
Avocados und Bananen kommen aber immerhin per Schiff in klimatisierten Containern. Das ist nicht sehr umweltfreundlich, aber immerhin nicht eingeflogen... Andere tropische Obstsorten wie Mangos oder Papayas werden sogar per Flugzeug nach Europa transportiert. Wir nehmen also ganz schön viel in Kauf für unseren ganzen Luxus in Sachen Lebensmittel.
Manchmal gibt es ja sogar ähliche, regionalere Varianten. Kennt ihr schon Lupinenkaffee? Lupine ist eine Hülsenfruch, die hier wächst. Einige Unverpackt-Läden führen den Kaffee. Auch Getreidekaffee ist trotz der Verpackung ein meistens klimafreundlicheres Röstgetränk – hat aber kein Koffeein.
Statt Schokolade könnt ihr ja auch mal einen (veganen ?) Kuchen oder Plätzchen backen. Mehl, Rübenzucker und Öle (z.B. Rapsöl) sind gute regionale Grundzutaten.
Statt Reis macht sich die in Vergessenheit geratene Hirse oft gut. Mega lecker auch zu Curries! Gerste und Einkorn sind auch sehr lecker, kann ich nur empfehlen!
👻 Weniger ist mehr
Ansonsten versuchen wir nach dem Prinzip "weniger ist mehr" zu verfahren – und natürlich die nach Möglichkeiten nachhaltigsten Optionen (also fair, am besten direkt gehandelt und bio) einzukaufen.
Reis gibt es übrigens auch aus Italien. Die meisten Unverpackt-Läden beziehen diesen Reis. Meines Wissens meistens in 25kg-Papiersäcken.
Bei den Grundnahrungsmitteln geben wir uns Mühe, uns vor allem an Regionales zu halten und das andere eher als Ausnahme zu behandeln. Konkret heißt das z.B. mehr Kartoffeln, Brot und Haferflocken. Ich bin inzwischen auch echt ein großer Hirsefan und ersetze damit den Reis.
Update Dezember 2021: Nach drei Jahren ohne Reis nur mit Hirse und Gerste essen wir wieder mehr Reis. Wir haben uns einfach an den anderen Körnern überfressen und konnten sie irgendwann nicht mehr sehen. Ich glaube, wir hätten das nicht so extrem machen sollen. Unsere neue Taktik: Wir strecken den Reis. Heißt, ersetzen z.B. ein Viertel bis ein Drittel mit Hirse oder Linsen oder sonst was.
Und womit man auch der Umwelt etwas sehr Gutes tut: weniger tierische Produkte konsumieren! Denn auch wenn die aus der Region kommen, sind die genauso schädlich, zum Teil sogar noch schädlicher als Obst von der anderen Seite der Welt, was den Wasserverbrauch betrifft. Für die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch sind ganze 15.500 Liter notwendig! Das sind etwa 100 Badewannen voll!
❄️ Was im Winter in Deutschland wächst
Ein Saisonkalender hilft da enorm. Wer einen immerwährenden zum Hinhängen möchte, dem kann ich den sehr schönen Saisonkalender von Pia Kraftfutter empfehlen. Wir hatten einen digitalen von Utopia, den wir uns aufs Handy geladen hatten, um unterwegs beim Einkaufen nachschlagen zu können.
Auch ein Vorteil vom Wochenmarkt bzw. der Solawi: Entweder wir können fragen oder es ist einfach alles regional und saisonal! Sehr praktisch!
Es wächst natürlich weniger, aber schon noch so einiges: Neben Grünkohl gibt es auch Pilze, sehr viel an Wurzelgemüse wie Sellerieknollen, Pastinaken, Steckrüben, Schwarzwurzel, aber auch, Kürbisse, Bohnen, Porree, Beete und gaaanz viel Kohl – meine Favoriten sind da Rotkohl und Wirsing.
Außerdem gibt es auch noch viel aus landwirtschaftlicher Lagerung, wie Feldsalat, Spinat, Kartoffeln und Zwiebeln. Es gibt also schon eine ganze Menge an Gemüse und dank des Internets auch eine Fülle an Zubereitungsarten, die für genug Abwechslung sorgen.
🍎 Was ist mit Obst?
Ja, mit Obst sieht es in Deutschland tatsächlich von Dezember bis April ziemlich mau aus. Leider! Aber die gute Nachricht ist: Man kann vorsorgen! Äpfel kann man im kühlen Keller lagern – Kartoffeln und Zwiebeln übrigens auch –, Beeren und anderes Obst kann man einfrieren oder natürlich auch ganz klassisch einkochen.
Ich selbst koche eher selten ein, aber das liegt eher daran, dass ich ziemlich viele Leute mit Gärten kenne, die das total gerne machen und ich bei selbstgemachter Marmelade, Sirup, Likör, oder eben eingemachten Rotkohl, Grünkohl und andere Leckereien einfach nicht nein sagen kann.
Update Dezember 2021: Wir machen jetzt unser eigenes Tomatenmark! Hin und wieder auch eigene vegane Brotaufstriche, vor allem aus Kürbis und Linsen. Ein Rezept habe ich dafür aber noch nicht, ich war noch nicht 100% geschmacklich zufrieden. 😆
Mehr zum nachhaltigeren Einkaufen von Lebensmitteln
🍵 Tipp am Ende
Wie auch bei der Müll- oder Fleischvermeidung: Seid nicht so streng mit euch! Das führt am Ende nur zu Frust und dann schmeißt man das alles schneller hin. So wie wir mit Hirse und Gerste statt Reis.
Oder überhaupt unserer Idee, plötzlich ab dem ersten Januar vollkommen unvorbereitet und ahnungslos von einem auf den nächsten Tag nur noch regional und saisonal einkaufen zu wollen. 🤦
Keiner kann von heute auf morgen einen Marathon laufen. Oder eine Sprache fließend sprechen. Wir alle müssen uns herantasten und üben, das gehört dazu. 😉
Julian
Mich würde mal interessieren, wie ein Rind bei uns auf der Alm 15.000 Liter Wasser verbraucht?
Eli nuarb
Habe mir vor Jahren so ein Saidonkalrnfer ausgedrückt. Und versuche mich in jeder Saison auf das"Neue" zu frruen. Das ist dann auch irgendwie frischer und knackiger. Man lernt durch eine kleinere Auswahl trotzdem vielfältiger zu kochen - einfach in dem man die Zutatenmengen variert. Plötzlich nicht man Rezepte aus Kindertagen und eenkt sich: warum nicht ftüher? Ist ja lecker.
ZU Linsensalat mit Äpfel und Birnenwürfelchen und Lauchringen entdeckt
Nicole
Ich kaufe auch viel Wintergemüse/ eingelagerten Gemüse auf dem Wochenmarkt. Ich finde die Auswahl auch im Winter gut 🙂
shia
Im Nachhinein habe ich gemerkt, dass dieser Eindruck, dass es "zu wenig" sei, wirklich davon kommt, dass wir
1. denken, man müsste eine überwältigende Auswahl das ganze Jahr über haben,
2. wir uns selten die Mühe machen, uns schlau zu machen, was man alles damit kochen kann. Meistens kocht man ja aus Gewohnheit immer das Gleiche daraus. Das muss aber gar nicht sein!
KA
Hier in Belgien hat man beim Einkaufen im Bioladen oder Biomarkt den Vorteil, dass das regionale Gemüse in blauen Kisten ist und nicht-regionales in Kisten mit anderen Farben. Das erleichtert das Einkaufen enorm, man muss nicht jedes mal nachfragen wo was herkommt sondern erkennt es sofort auf dem ersten Blick :-).
shia
Ach, das ist ja cool! Sollte es überall geben!! So einfach und genial!!
Jana Z.
Problem bei uns in Deutschland ist schon allein, dass der Begriff regional nichts aussagt. Das müsste konkret festgelegt werden. Zum Beispiel im Umreis von 100 km oder so.. Ich sehe auch manchmal, dass mit regional ganz Deutschland gemeint ist, wenn man aber etwas von Flensburg zum Bodensee liefern würde, ist das jedoch bei weitem nicht mehr regional und kommt nur mit Gutwill eben aus einer bestimmten Region
Saisonal einzukaufen finde ich da einfacher. Leider fallen neurologisch bedingt für mich Kohlsorten (sowohl roh als auch z.B. Rot- oder Sauerkraut) weg, auch wenn ich sie gerne esse 🙁
KA veganzerowastefamily
Ja, das stimmt. Das ist der Vorteil davon wenn man in einem flächenmäßig kleinem Land lebt ;-).