In meinem letzten Artikel Kastanien als Waschmittel – unser Fazit nach vier Jahren gab es auch die Nachfrage bzw. den Hinweis, dass man bitte nicht mit Kastanien waschen solle, weil sie für Fische giftig seien.

Inhaltsverzeichnis:
- Der Fall Fischsterben durch Kastanien im Unterallgäu 2013
- Die biologische Abbaubarkeit von Saponinen
- Wenn Kastanien in der Abbaubarkeit vergleichbar mit synthetischen Tensiden sind – wie gut sind die denn abbaubar?
- Wenn gängige Waschmittel, Öko-Waschmittel und natürliche Waschmittel alle gleich schlecht abbaubar sind, was ist dann die ökologisch sinnvollste Option?
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Der Fall Fischsterben durch Kastanien im Unterallgäu 2013
Dieser Einwand ist mir nicht ganz neu, er wurde schon mal an mich herangetragen. Damals hatte ich dazu recherchiert und stieß wie die meisten wohl auf den Fall, über den die Augsburger Zeitung 2013 berichtete (Quelle). Da wurden Rosskastanien in der Nähe eines Baches von Autos zerquetscht und durch den Regen wurden die Saponine in den Bach geschwemmt.
Ich hatte das damals abgetan, weil aus dem Artikel hervorging, dass
- der Kastaniensud unaufbereitet im Bach gelandet ist. Wenn wir waschen, landet der durch das Waschen noch mal stark verdünnte Sud aber im Abwasser – wo es aufbereitet wird. Wenn, dann müsste man die Effekte damit vergleichen, was passieren würde, wenn man konventionelles oder auch Bio-Waschmittel unaufbereitet in einen Bach leiten würde. Und ich habe da die starke Vermutung, dass es dann mindestens genauso düster aussehen würde.
- es ein äußerst ungewöhnlicher Fall war. Offenbar müssen da schon mehrere Faktoren zusammenkommen, um so ein Fischsterben durch Kastanien auszulösen. Stattdessen ist mit 45% die größte Ursache für Fischsterben nach Statistiken für Bayern der "Eintrag von Schadstoffen, Einschwemmung von Gülle oder Einleitung von Abwasser in Bäche und Flüsse". Wir müssen uns also demnach mehr Sorgen um die konventionellen Dinge machen, die wir in unser Abwasser einleiten (wie käufliches Waschmittel) als über Kastanien.
Da das jetzt aber aufkam, fand ich, dass es an der Zeit war, dass ich da etwas weiter nachforsche.
Die biologische Abbaubarkeit von Saponinen
Wir halten so weit erst einmal fest: Ja, Saponine aus der Kastanie können giftig für Fische sein, wenn sie unaufbereitet in ein Gewässer gelangen.
Was ist aber, wenn ich Zuhause Wäsche mit Kastanien wasche?
Zuhause setze ich einen Kastaniensud auf, der als Waschmittel in die Maschine kommt und dort beim Waschen noch mal stark verdünnt wird.
Das Abwasser davon landet dann – nochmal verdünnt mit dem Spülwasser, denn die Wäsche wird ja in der Maschine noch mal ausgespült – in einer Kläranlage, deren Aufgabe es ist, das Abwasser wieder aufzubereiten, sprich Tenside – ob nun synthetische wie im käuflichen Waschmittel oder natürlich wie aus der Kastanie oder der Waschnuss – abzubauen. Die benutzten Kastanien kompostieren wir dann selber in unserer Wurmkiste. Das geht problemlos und unseren Würmchen schadet das offenbar nicht.
Saponine von Kastanien wurden noch nicht ausreichend untersucht
Sehr viel verlässliche Informationen zur Frage der biologischen Abbaubarkeit von Kastanien scheint es allerdings nicht zu geben. Der Kölner Uni-Radiosender Kölncampus hat bei verschiedenen Kläranlagen angerufen darüber in diesem interessanten Artikel berichtet.
Die Aussage war, dass Saponine biologisch leicht abbaubar seien, wobei die Studien sich auf Waschnüsse beziehen. Die Auswirkungen von Saponinen aus Kastanien seien bisher noch nicht systematisch untersucht worden.
Einschätzung der Kölner Stadtentwässerungsbetriebe
Ich selbst habe ebenfalls bei den Stadtentwässerungsbetrieben Köln angerufen und mich ins Labor durchstellen lassen. Der Herr hat mir am Telefon erklärt, dass natürliche Tenside – und eben auch Saponine aus Kastanien – generell nicht besser oder schlechter abbaubar seien als synthetische Tenside.
Er hat mich ebenfalls darauf hingewiesen, dass eines der Saponine in Kastanien als Reinstoff giftig für Fische sei. Allerdings – so betonte er extra – komme dieser Stoff in Reinform zumindest beim Wäschewaschen nicht in Gewässer, denn wenn wir waschen landen die Saponine stark verdünnt im Abwasser und das bereiteten sie ja auf und da müsse ich keine Bedenken haben.
Wer wie womit wasche, sei wohl aus deren Sicht sowieso recht "unerheblich", denn als Kläranlagenbetreiber kümmern sich um die generelle Qualität des Abwassers – und da zählt nicht der einzelne Stoff, sondern der Mix aus Tausenden Stoffen.
Mit Saponinen statt gängigen Waschmittel zu waschen hätte aus seiner Sicht in Sachen biologischer Abbaubarkeit weder einen Vor- noch einen Nachteil. Den ökologischen Vorteil sehe er eher darin, dass Kastanien ein nachwachsender, regionaler Rohstoff seien.
Wenn Kastanien in der Abbaubarkeit vergleichbar mit synthetischen Tensiden sind – wie gut sind die denn abbaubar?
Es gibt die sogenannte Detergenzienverordnung (EG) Nr. 648/2004, ergänzt durch die Neufassung des Wasch- und Reinigungsmittelgesetz (WRMG). Diese besagt, dass Tenside sich unter Laborbedingungen innerhalb von 28 Tagen vollständig abbauen lassen müssen. "Bestehen Tenside diesen Test, sind sie in der Kläranlage innerhalb weniger Stunden bereits zur Hälfte abgebaut." (Quelle)
Nach dem Umweltbundesamt ist Waschmittel dennoch immer eine Umweltbelastung: "Wer wäscht, nimmt also in jedem Fall eine gewisse Umweltbelastung in Kauf." (Umweltbundesamt, Quelle) Das bestätigte nicht nur der Herr von den Stadtentwässerungsbetrieben, sondern auch der Verbraucherservice Bayern und ergänzt außerdem, dass das genauso für Öko-Waschmittel gelte (Quelle).
Wenn gängige Waschmittel, Öko-Waschmittel und natürliche Waschmittel alle gleich schlecht abbaubar sind, was ist dann die ökologisch sinnvollste Option?
Wenn biologische Abbaubarkeit kein Unterscheidungskriterium ist, müssen wir auf andere Kriterien schauen. Das hat der Verbraucherservice Bayern getan:
"Hersteller von Ökowaschmitteln achten jedoch verstärkt auf die Herkunft der Rohstoffe und die Umweltverträglichkeit der Inhaltsstoffe. Sie nutzen häufig Tenside aus ökologisch angebauten pflanzlichen Quellen, verzichten auf Zusatzstoffe wie optische Aufheller oder Enzyme. Für die Umwelt gilt auch beim Waschen: Je weniger Hilfsstoffe im Waschmittel, desto besser." (Verbraucherservice Bayern, Quelle)
In dieser Hinsicht können Kastanien doch wieder punkten. Sie enthalten keine dieser erwähnten Hilfsstoffe, also weder Zusatzstoffe, optische Aufheller noch Enzyme. Wie der nette Herr von den Stadtentwässerungsbetrieben Köln auch ansprach, sind Kastanien ein nachwachsender, regionaler Rohstoff – im Gegensatz zu synthetischen Tensiden, die z.B. aus Erdöl oder Palmöl hergestellt werden. (Quelle)
Ich möchte noch ergänzen, dass Kastanien ein sogar sonst ungenutzer Rohstoff sind, der andernfalls auf den Straßen vergammelt und dort schlimmstensfalls sogar unaufbereitet in Gewässer gespült wird – wie der Fall im Unterallgäu 2013 zeigte.
Wenn wir mit Kastanien waschen, holen wir zumindest einen Teil von den Straßen. Ein Teil, der potentiell keine Fische mehr vergiften kann. Wenn wir Kastanien verwenden, heißt es außerdem, dass wir Waschmittel einsparen, dass sonst in der Herstellung und dem Transport zusätzliche Ressourcen kosten würde.
Falls ihr aber Bedenken habt, dass ihr Wildtieren damit Futter wegnimmt, kann ich euch versichern, dass ihr das nicht macht, wenn ihr die Kastanien in Wohngebieten und Parks sammelt, denn dorthin verirrt sich nun einmal kein Wild. Wer etwas für Wildtiere tun möchte, kann in der Stadt Kastanien sammeln und die beim Forstamt oder in WIldparks für die Fütterung abgeben. (Quelle)
#TLDR? Noch mal auf den Punkt gebracht
Wer mit Kastanien Wäsche wäscht vergiftet keine Fische.
Ja, eines der Saponine der Kastanie ist als Reinstoff giftig für Fische. Dem Fall im Unterallgäu nach zu urteilen auch noch als formuliertes Produkt, was bei den Kastanien der Sud wäre. Beim Waschen wird dieser Sud in der Waschtrommel aber noch mal stark verdünnt. Das wäre die Anwendungslösung. Nach dem Waschen gibt es das Abwasser, das mit zusätzlichen Spülwassern gestreckt ist. Das Abwasser wird dann noch mal in der Kläranlage aufbereitet und ist spätestens dann unbedenklich für Fische.
Generell ist es so, dass natürliche Tenside wie Saponine weder besser noch schlechter biologisch abbaubar sind als synthetische. Das gilt natürlich auch für Öko-Waschmittel. Der Vorteil von Kastanien und Öko-Waschmitteln liegt darin, dass sie in der Herstellung umweltfreundlicher sind, denn konventionelles Waschmittel enthält nicht nur oft umweltbelastende Hilfsstoffe, sondern auch Tenside, die z.B. mit Erdöl oder Palmöl hergestellt werden.
Kastanien hingegen sind eine nachwachsende, regionale Ressource. Wenn wir sie auch noch mit dem Fahrrad oder zu Fuß bei einem Spaziergang sammeln gehen, fallen nicht mal Transportemissionen an – eine nicht zu unterschätzende Umweltbelastung bei Produkten, denn inzwischen haben wir leider sehr lange, globale Lieferketten.
Sammelt Kastanien am besten in Städten – wo es sie en masse in Wohngebieten und Parks gibt – oder in der Nähe von Gewässern. So sammelt ihr keinen Wildtieren Kastanien weg und sorgt auch noch dafür, dass diese Kastanien nicht mehr potentiell Fische vergiften können.
(Quellen siehe Text oben!)
So weit meine Schlüsse nach intensiveren Recherchen und dem Gespräch mit einem Experten. Wie seht ihr das? Wenn ihr Studien dazu gefunden habt oder weitere, seriöse Infos habt – immer her damit! Ich freue mich über gute Quellen und möchte diese Sache auf jeden Fall weiter im Auge behalten und ergänze dann natürlich auch gerne den Artikel hier!
Sonja
Ich habe einen Teich mit Fischen und Fröschen, in den im Herbst immer wieder Kastanien vom daneben stehenden Baum hineinfallen. Weder die Fische noch die Frösche sind deshalb gestorben.
Doro
Hallo Shia,
ich wasche bereits seit 2015 mit Kastanien. Allerdings nur schwarze, dunkle oder kräftige Buntwäsche. Der Rest wird mit einem Bio-Waschmittel gewaschen. Das Thema Fischesterben hat mich auch interessiert. Hab dazu hier in Österreich mit einer Umweltschutz-Organisation Kontakt aufgenommen. Auch dort gab es relativ wenig Wissen ob der Giftigkeit. Ja, in hoher Dosis könnten Fische dran sterben, hieß es. Die Infos für mich waren relativ dürftig.
Aber so wie du sagst, es wird durch die Waschmaschine stark verdünnt und ich denk mal, es ist auf alle Fälle nicht schlimmer als mit konventionellen Waschmitteln zu waschen. Da es ein natürlicher Stoff ist ohne zusätzliche Aufheller und Weichmacher oder was auch immer, schneiden Kastanien in der Bilanz sicher besser ab. Noch dazu sind die Kastanien regional, kostenlos und ich spar auf jeden Fall Verpackungsmüll und Transportwege (weil ich beim Spazierengehen sammel). Ich kann dir also wirklich voll zustimmen und würd mir dennoch wünschen, dass es da mal vernünftige Studien zu dem Thema geben würde. LG Doro
Anonymous
Hallo Shia,
ich hatte auch mal gelesen, daß sich zur Herstellung von Waschpulver aus Rosskastanien eigentlich nur die Kastanien eignen, die "frisch gefallen" und "völlig unverletzt" seien,
da sich bei kleinen Verletzungen oder gar größeren Rissen ggf. schon Dinge dort angesiedelt haben, die wir nicht im Waschmittel haben wollen.
Ich bin also extrem wählerisch beim Sammeln (Kastanienallee mitten in der Stadt, kein Wild), so daß noch genug für alle anderen übrig bleibt ...
Außerdem: Rosskastanie soll auch für die Haut sehr gut sein!
Ich jedenfalls (allergisch auf sämtliche Reinigungs-/Waschmittel) habe beste Erfahrungen gemacht.
Wumms
Hi Shia
Ich bin neu dabei und habe mir extra eine eigene Waschmaschine gekauft für dieses Projekt.
(habe vorher im gemeindschaftlichen Waschautomat gewaschen) weil ich als Maschinenbaustudentin wissen will wie meine Maschine aussieht wenn ich nur mit Kastanien wasche.
Außerdem habe ich eine Wurmfarm und einen ausgedehnten Balkongarten.
Jetzt meine Frage: Kann ich die Abwässer vom Wäschewaschen zum Pflanzengiessen nehmen wenn ich die Pflanzen essen will (Tomate Radieschen, etc) ? Das Kastanien Geschnezeltes bekommen entweder meine Würmer- oder ich probiere mal aus ob man das nach mehrmaligem auswaschen auch selber essen kann wie ich in einem YT Video gelesen habe. Da müssten die Bitterstoffe rausgewaschen werde damit das essbar wird.
Quelle zur Essbarkeit: https://www.heilkraeuter.de/lexikon/rosskast.htm
Lea
Hallo Wumms, das klingt ja interessant. Ist inzwischen etwas dabei herausgekommen, wie deine Maschine aussieht, wenn du nur mit Kastanien wäschst? Das würde mich sehr interessieren 🙂 Liebe Grüße Lea
Uwe
Ich beschäftige mich mit Investitionen in Kleinkläranlagen, es ist für mich überraschend, wie viele Informationen es dort zu finden gibt. Ich muss sagen, dass die mögliche Vergiftung von Fischen durch das Waschen mit Kastanien sehr unerwartet kam. Glücklicherweise werden die Saponine beim Waschen mit Kastanien stark verdünnt.